Best Practice: Papierfabrik Louisenthal - gelungener Transfer

Die Papierfabrik Louisenthal überträgt vorhandenes Wissen gezielt in andere Anwendungsfelder oder Branchen – und generiert daraus wirtschaftlich verwertbare Produkte und Lösungen.
EVA MÜLLER-TAUBER, Ausgabe 05/2022
In Gmund am Tegernsee produziert die Papierfabrik Louisenthal GmbH Banknoten- und Sicherheitspapiere und entwickelt Sicherheitselemente. »Unser technisches Fachwissen kann für andere Industriezweige außerhalb der Banknotenherstellung interessant sein«, weiß Daniel Lenssen (49), Director Business Development bei Louisenthal. »Zudem erlaubt unser Maschinenpark auch die Herstellung funktionaler Folien und Papiere, etwa für die Elektronik- oder Automotive-Branche.«
Deshalb hat das Tochterunternehmen der Giesecke+Devrient GmbH vor vier Jahren eine Stabsstelle New Business unter Lenssens Leitung gegründet. Sie entwickelt Lösungen für die Industrie und bewirbt diesen Service explizit auf der eigenen Website. Fünf Vollzeitmitarbeiter gehören ihr an, je nach Projekt zieht der Chef weitere interne Experten hinzu.
Lösungen, die der Markt braucht
Regelmäßig bewertet das Team die laufenden Innovationsprojekte. Es prüft, ob sie tatsächlich die Lösungen sind, die der Markt braucht, und ob es sich lohnt, sie weiterzuverfolgen. »Schließlich geht es am Ende darum, damit Geld zu verdienen«, so Lenssen.
Die Digitalisierung ist zwar ein wichtiger Treiber für Innovationsprojekte im Unternehmen, aber nicht nur. »Es war der ausdrückliche Wunsch der Firmenleitung, herauszuarbeiten, was wir mit dem vorhandenen Maschinenpark technisch besser können als andere.«
Prozesschritte aus dem Werkzeugkasten
Dabei kristallisierte sich etwa der Bereich flexible Elektronik heraus: »Wenn wir gewisse Prozessschritte aus unserem Werkzeugkasten anders zusammensetzen, können wir günstiger als viele Mitbewerber hochwertige heizbare Papiere oder transparente leitfähige Folien für große Flächen produzieren, die helfen, Energie zu sparen. Das ist etwa für die Automobil- oder Baubranche interessant«, erklärt Lenssen.
Gemeinsam mit dem Engineering-Spezialisten IAV GmbH hat Louisenthal ein energieeffizientes Heizkonzept für E-Autos vorgestellt. Kern ist eine dünne, leicht zu verarbeitende SmartMesh-Folie. Sie lässt sich in Türen, der Mittelkonsole und dem Dachhimmel integrieren. Bei Anlegen der Betriebsspannung erwärmt sie sich und gibt Wärme an den Innenraum und die Fahrzeuginsassen ab. Das E-Auto braucht dadurch insgesamt weniger Energie für die Heizung und hat somit eine größere Reichweite.
Versierte externe Kooperationspartner
Parallel dazu arbeitet Louisenthal mit mehreren Partnern, darunter das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und zwei Fraunhofer-Institute, am avisierten Förderprojekt Sinter GDL – Gasdiffusionslagen aus metallischen Sinterpapieren für Brennstoffzellen. »Versierte externe Projektpartner sind in einen solchen Innovationsprozess sehr wichtig«, betont Karlheinz Mayer, Director Business Development.
Es gehe darum, Kompetenzen zu bündeln, Einblicke in neue Bereiche zu bekommen, wichtige Kontakte – auch zu neuen Kunden außerhalb der Stammklientel – zu knüpfen, für einen permanenten Austausch »und hinsichtlich der Finanzierung«.
Vision und langer Atem
Mayer hat die Erfahrung gemacht, dass »Fördermittel meist an Konsortien vergeben werden, und ohne externe Gelder ist es auch für etablierte Unternehmen schwer, Innovationsprojekte mit hohem Risiko anzugehen«. Um dieses Risiko klein zu halten und Rohrkrepierer zu verhindern, empfiehlt er, vorab genau zu formulieren, wo man hinmöchte. Dieses Leitbild helfe zudem durchzuhalten. »Denn für erfolgreiche Innovationsvorhaben braucht es nicht nur eine Vision, die es sich zu verfolgen lohnt«, meint Mayer, »sondern auch einen langen Atem, gerade in der Vorprojektphase, bis ein Förderantrag genehmigt ist.«