„Ich bin Traditionalist“

Franz Inselkammer, der „Bräu von Aying“, hat ein gut geführtes Familienunternehmen übernommen. Er will keinen Trends nachlaufen – und setzt auf den Export.
Von Harriet Austen, IHK-Magazin 09/2025
„Wir haben das große Glück, dass wir uns in einer Gegend befinden, die berühmt ist für das, was wir herstellen: bayerisches Bier“, schwärmt Franz Inselkammer von der 1878 gegründeten Ayinger Privatbrauerei. „Das Bier gehört zu unserer Kultur wie die Tracht oder die Bräuche“, so der Geschäftsführer. Verständlich, dass er nie große Zweifel daran hatte, dass er den Vater beerben würde, „es war ein Geschenk für mich, es weiterzuführen für die nächste Generation“. Die Entscheidung wurde ihm aber auch leichtgemacht. Franz Inselkammer senior übergab ihm ein gesundes und in der Branche angesehenes Unternehmen.
„Seit ich denken kann, war die Brauerei Thema in der Familie. Dadurch hatte ich ein Gespür für die Problemfelder“, sagt Inselkammer junior. Gedrängt wurde er nie, aber als der Vater 1999 die Brauerei neu errichtete und modernisierte, verlangte er eine Antwort vom damals 15-jährigen Sohn. Der willigte ein und begann nach dem Abitur eine Lehre in der Klosterbrauerei Andechs, die ihm „den Blick auf einen normalen Alltag in einer Brauerei ermöglichte“, wie er sagt.
Selbst ist der Junior
Nach einem BWL-Studium in Mailand startete er 2009 im Ayinger Familienbetrieb, der ältesten Brauerei im Landkreis München. Nachdem er sich intensiv in allen Abteilungen umgeschaut hatte, wusste er genau, was er anpacken wollte. Wenn er eh so viel umgestalten wolle, solle er doch gleich in die Geschäftsleitung gehen, schlug der Vater damals vor.
„Das war wirklich klug. Denn er merkte relativ schnell, dass man mich machen lassen musste“, sagt Inselkammer schmunzelnd. Er habe relativ rasch alles entscheiden dürfen, der Vater sei aber „als Sicherheitsnetz“ immer da gewesen. So konnte Inselkammer ab 2010 seine Pläne im Marketing und Vertrieb umsetzen: neue optische Gestaltung, neues Logo, Abschaffung alkoholfreier Getränke im Handel außer dem Mineralwasser aus dem eigenen Tiefbrunnen, Fokus aufs Bier.
Zurück zum eigenen „urigen Bräustüberl“
„Wir sind eine reine Bierbrauerei“, begründet er diesen Schritt und nennt sich „Traditionalist, mehr als mein Vater“. Der junge Chef macht das etwa am lange verpachteten Bräustüberl fest. Weil es nicht die Handschrift der Brauerei trug und er einen eigenen Bierausschank im Ort haben wollte, übernahm das Unternehmen das Bräustüberl wieder selbst und führte es behutsam an seine Wurzeln zurück: zum urigen bayerischen Wirtshaus.
Inselkammer hatte sich beim Einstieg vorgenommen, mehr Dynamik in den Betrieb zu bringen. „Das Unternehmen war zwar stabil und besaß ein gutes Fundament, aber es war keine wirkliche Entwicklung sichtbar“, beschreibt er die damalige Lage.
In 40 Ländern gern getrunken
Zur Dynamik gehört für ihn vor allem der massive Ausbau des Exports. Dem Vater sei es zu verdanken, dass die Voraussetzungen dafür stimmen. Der hatte 1999 eine der technisch fortschrittlichsten Brauereien Europas errichten lassen.
„Das war wirklich aufsehenerregend, unsere Brauerei ist dadurch mit einem Schlag berühmt geworden“, so Inselkammer. Auch jetzt tragen diverse Investitionen zu einem Ausbau der Bierqualität und zu einer höheren Lieferfähigkeit bei. Ayinger Bier wird in 40 Länder bis in die USA und Asien exportiert. Und es soll noch mehr werden.
Regional, ursprünglich, lang reifend
Bei der nationalen und internationalen Kundschaft kommt das bayerische Bier aus Aying offenbar gut an. Die alteingesessene Brauerei setzt auf regionale Zutaten, einen eigenen Tiefbrunnen und ursprünglichen Geschmack. Aber auch darauf, dass man sich bei der Reife des Bieres viel Zeit lässt – „Bier braucht Zeit“, sagt Inselkammer über die Brauerei und das zweite Standbein, die Gastronomie. Zur Firma gehören noch 24 weitere, teils eigene, teils verpachtete Wirtschaften und vor allem der prächtige Brauereigasthof Hotel Aying, bei dem seine Mutter Angela Inselkammer die Geschäfte führt.
Das Unternehmen muss sich allerdings auf veränderte Marktverhältnisse einstellen: Die weltpolitische Lage ist unsicher, die Kosten etwa für Energie, Personal, Transport steigen. Gleichzeitig sinkt der Bierkonsum und alkoholfreies Bier – das in Aying nicht gebraut wird – wird beliebter.
Export stützt Marktposition
Dank des Exports steht die bayerische Brauwirtschaft noch verhältnismäßig gut da und auch Inselkammer lässt sich nicht beirren. „Wir sollten uns auf unsere Stärken konzentrieren, keinen Trends nachlaufen und die Größe der Kunden so halten, dass keiner die Brauerei gefährdet“, nimmt er sich vor.
Er weist darauf hin, dass Aying eine der meistausgezeichneten Brauereien rund um den Globus sei. Inselkammer ist zuversichtlich: „Wir liefern ein weltweit begehrtes Spezialprodukt, das nur in Oberbayern so hergestellt werden kann.“
Zur Person: Franz Inselkammer
Franz Inselkammer, Jahrgang 1983, machte eine Brauer- und Mälzerlehre in der Klosterbrauerei Andechs und studierte BWL in Mailand, bevor er 2010 in die Geschäftsleitung der Brauerei Aying Franz Inselkammer KG einstieg. 2012 wurde er Geschäftsführer, seit dem Tod des Vaters 2024 ist er Alleininhaber. Das 1878 gegründete Unternehmen beschäftigt derzeit 75 Mitarbeiter. Franz Inselkammer ist verheiratet und hat 4 Kinder.