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Mission Zukunft

Im Altöttinger und Burghausener Forst soll ein Windpark der Superlative entstehen. Er könnte Modellcharakter weit über die Region hinaus haben.
Von Martin Armbruster, IHK-Magazin 09/2023
Es soll das Vorzeigevorhaben der bayerischen „Wind-Wende“ werden, das „Windkraftprojekt im Altöttinger und Burghausener Forst“. Jahrelang hat die Bayerische Staatsregierung den Bau von Windrädern erschwert (10H-Regel). Nun zwingt ein Bundesgesetz das Land dazu, Flächen für Windanlagen auszuweisen.
Der Freistaat reagierte schnell und – wie gewohnt – in großem Stil. Geplant ist je ein Windpark für die Regionen, in denen es brennt: in der Oberpfalz mit seiner Glasindustrie und in Südostbayern mit der energiehungrigen Chemieindustrie. Der Windpark, der im Norden des südostbayerischen Chemiedreiecks im Öttinger Forst entstehen soll, steht für einen Superlativ: die größte Onshore-Anlage, die je in Deutschland gebaut wurde.
Geplant: 550 Millionen kWh Windenergie
Peter Reidelbach, Projektmanager der französischen Qair Group, erklärte Ende Juni im IHK-Regionalausschuss Altötting-Mühldorf, um worum es da geht: 40 Windräder, ein jedes vom Fundament bis zur Rotorspitze 280 Meter hoch, 400 Millionen Euro Investitionsvolumen und 550 Millionen Kilowattstunden Ökostrom im Jahr.
Reidelbachs Team sitzt in München. Die 85 Mitarbeiter arbeiteten bis 2022 für die Green City AG, die nach ihrer Insolvenz von Qair aufgekauft wurde. Dank der Erfahrungen mit Green City habe man das nötige Know-how und mit Qair genügend Eigenkapital, um dieses „Mammutprojekt“ stemmen zu können, betont der Projektmanager. Man habe ein Konzept entwickelt, mit dem man 26 Prozent weniger Waldfläche roden müsse als üblich.
Alle in der Region sollen profitieren
Und man wolle die Windräder selbst betreiben. „Wir verkaufen nicht“, sagt Reidelbach. Bürger sollen sich finanziell an dem Projekt beteiligen können, regionale Handwerksbetriebe, Gutachterbüros und Tiefbaufirmen Aufträge erhalten. Das soll Widerstände der Bevölkerung minimieren und den Bau beschleunigen.
Peter von Zumbusch, Leiter des Werks der Wacker AG in Burghausen, äußerte sich positiv über das Projekt: „Wir sind sehr dafür. Das ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft unserer Region.“ Was ihm Hoffnung macht: Bislang stimmte nur eine betroffene Gemeinde gegen den Windpark, eine enthielt sich. Die anderen Kommunen haben sich für das Projekt ausgesprochen.
Reicht der Wind?
Im Idealfall können laut Reidelbachs Rechnung schon 2027 die ersten Windräder stehen. Einige Unternehmer meldeten da allerdings Zweifel an. Ingrid Obermeier-Osl, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Altötting-Mühldorf, sagte, sie hoffe, Reidelbach finde genügend Fachkräfte, um die Windräder in Betrieb zu nehmen. Herrmann Jäger, Chef der Milchwerk Jäger GmbH in Haag in Oberbayern, verwies auf zu viele Wintertage mit Inversionswetterlage: „Ich halte das Projekt für sinnlos.“
Windmessungen im Spätsommer
Auch Projektmanager Reidelbach musste einräumen, dass die Windhöffigkeit, also das durchschnittliche Windaufkommen, rund um Burghausen nicht optimal sei. „Natürlich würde ich den Windpark lieber in die Nordsee stellen. Aber wir müssen die Flächen nehmen, die wir kriegen können“, erklärte der Qair-Manager. Noch im Spätsommer werde man mit den Windmessungen beginnen.
„Der Betrieb muss sich auch für uns lohnen“, meinte Reidelbach. Die Modellrechnungen hätten aber gezeigt, es rentiere sich. Sonst hätte man sich nicht dafür beworben. Deutschlandweit wird man mit Interesse verfolgen, ob und wann der Windpark steht.