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Weißbier für die Bürger

Schneider Bräuhaus ©
Traditionelles Ambiente und bayerische Küche – das gefiel auch den Restaurantkritikern von Gault& Millaut

Seit 150 Jahren wird im Schneider Bräuhaus Weißbier ausgeschenkt. Dazu bietet die Münchner Traditionsgaststätte authentisch-bayerische Küche. Ein weiteres Element des unternehmerischen Erfolgsrezepts: Nachhaltigkeit.

EVA ELISABETH ERNST, Ausgabe 01/2023

++ Aktualisiert am 23.02.2023 ++

Im Juli vergangenen Jahres freuten sich Geschäftsführer Otmar Mutzenbach (bis November 2022) und sein Team im Schneider Bräuhaus über ein unerwartetes Geschenk zum 150-jährigen Jubiläum: Der Restaurantführer Gault & Millau zeichnete die Gaststätte mit einer »Haube« aus. Die anonymen Tester lobten nicht nur die »schön patinierten« Räumlichkeiten und die handwerklich gebrauten Weißbier-Spezialitäten, sondern auch die Klassiker der bayerischen Küche, die dort serviert werden.

»Kunst der Kronfleischküche«

»Unsere Köche beherrschen die Kunst der Kronfleischküche, bei der die Innereien von Tieren verarbeitet werden«, erklärt Mutzenbach. Auf der Speisekarte finden sich daher unter anderem geschmortes Ochsenherz, gebratene Leber, gebackener Kalbskopf oder gesottene Kälberfüße. Die Tiere stammen von Landwirten aus der Region, mit denen das Schneider Bräuhaus seit Jahren eng kooperiert. Das Fleisch wird in der hauseigenen Metzgerei weiterverarbeitet.

Erfolgsrezept Nachhaltigkeit

Das gesamte Tier und nicht nur einzelne Edelfleischteile zu verwerten, hält der Geschäftsführer auch unter dem Aspekt Nachhaltigkeit für bedeutsam. 2010 wurde das erste Qualitäts- und Umweltmanagementsystem des Unternehmens zertifiziert. Seither hat der Betrieb nicht nur große Mengen an Energie, Wasser und Reinigungsmitteln eingespart. »Uns ist auch wichtig, möglichst wenig Lebensmittel wegzuwerfen. Wir achten auf angemessen große Portionen und auch darauf, nur so viel vorzubereiten, wie wir voraussichtlich brauchen werden«, so Mutzenbach.

Dass auf der Speisekarte sogar vegetarische und vegane Gerichte aufgeführt werden, überrascht nur auf den ersten Blick: »In der bayerischen Küche gab es schon immer fleischlose Speisen. Jetzt weisen wir die halt separat aus.«

Der 58-jährige gelernte Hotelkaufmann ist seit 2008 Geschäftsführer der Schneider Bräuhaus München Verwaltungs GmbH, eines Tochterunternehmens der Schneider Weisse G. Schneider & Sohn GmbH. Das Stammhaus der Unternehmensgruppe liegt im Tal in München.

Dort, wo heute das imposante Gebäude des Schneider Bräuhauses steht, befand sich einst die Brauerei »Zum Maderbräu«, die der junge Braumeister Georg Schneider anno 1872 kaufte. Mit Genehmigung des Bayerischen Hofbräuamts begann Schneider dort, Weißbier zu brauen. Das war damals eine kleine Sensation, denn das Brauen und der Vertrieb von Weißbier waren bis dahin ausschließlich dem Adel vorbehalten gewesen.

Export in 40 Länder

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Brauerei im Tal komplett zerstört. Seither werden die Weißbierspezialitäten in Kelheim produziert, wo Georg IV. Schneider bereits 1928 die älteste Weißbierbrauerei Deutschlands, das »Weisse Bräuhaus«, erworben hatte. Heute leitet Georg VI. Schneider das Familienunternehmen, das seine Weißbiere mittlerweile in 40 Länder exportiert. Das Sortiment umfasst über ein Dutzend Bierspezialitäten.

Stammgäste mit eigener Karte

Obwohl das Schneider Bräuhaus im Tal in der stark touristisch geprägten Altstadt liegt, setzt Geschäftsführer Mutzenbach vor allem auf einheimische Gäste. »Wir legen eher weniger Wert darauf, große Reisegruppen durch unser Lokal zu schleusen«, sagt er. Zur Kundenbindung gibt es seit knapp zehn Jahren Stammgastkarten, von denen bislang über 2.400 ausgegeben wurden: In Form und Material ähneln sie Kreditkarten, sind allerdings mit einem Foto des Inhabers personalisiert.

»Sie verfügen über eine Bezahl- und Rabattfunktion«, erklärt Mutzenbach. »Die Höhe des Rabatts hängt von der Höhe des vorher aufgeladenen Guthabens ab.« Die Inhaber der Stammgastkarten können an Verlosungen teilnehmen und erhalten Einladungen zu Veranstaltungen. Vor Corona organisierte das Unternehmen für seine Stammgäste sogar ein Ausflugs- und Kulturprogramm.

In den verschiedenen Räumen des Schneider Bräuhaus im Tal finden rund 660 Gäste Platz. »Aktuell sind es allerdings zehn Prozent weniger. Wir haben einige Stühle entfernt, da viele Menschen nun lieber etwas mehr Abstand halten«, sagt Mutzenbach. Immerhin wurde die Freischankfläche auf 240 Plätze vergrößert.

Erfolg durch Mitarbeiterbindung

Dass während der pandemiebedingten Schließungen fast das komplette Team an Bord geblieben ist und nun auch bei Hochbetrieb einen reibungslosen Ablauf gewährleistet, führt der Geschäftsführer ebenfalls auf das Prinzip Nachhaltigkeit zurück: »Wir kümmern uns um unsere Mitarbeiter, von denen viele seit zehn, zwanzig Jahren bei uns arbeiten.« Ordentliche, pünktlich ausbezahlte Löhne seien wichtig. Während der Lockdowns hat das Unternehmen das Kurzarbeitergeld freiwillig aufgestockt.

Noch wichtiger sind laut Mutzenbach flexible Teilzeitlösungen, das Berücksichtigen von Mitarbeiterwünschen beim Dienstplan und ein offenes Ohr auch für private Probleme. Das spricht sich offenbar herum: Regelmäßig erhält das Schneider Bräuhaus im Tal qualifizierte Initiativbewerbungen.

Klasse statt Masse

Bereits im April 2022 setzte Mutzenbach die Preise quer durch die Speisekarte um sieben Prozent nach oben. »Momentan kommen wir damit noch über die Runden, auch wenn zum Beispiel das Schweinefleisch um fast 90 Prozent teurer geworden ist und die Wäscherei ihre Preise verdoppelt hat.« Er befürchtet, dass eine weitere Erhöhung der Preise für die Gerichte abschrecken könnte. »Uns ist es lieber, dass wir einen guten Ruf für feines und fair bepreistes Essen haben und dadurch vielleicht täglich fünf Gäste mehr zu uns kommen.« Mit dieser Einschätzung liegt Mutzenbach offenbar richtig: Selbst an einem ganz gewöhnlichen Montagnachmittag ist das Schneider Bräuhaus im Tal ausgesprochen gut besucht.

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