Erfolgreich in der Nische
Silvia Wallner gestaltete die Transformation der KETEK GmbH vom Forschungs- zum Produktionsbetrieb maßgeblich mit – diese Leistung würdigten zuletzt gleich zwei Preise.
Von Harriet Austen, IHK-Magazin 11-12/2024
Silvia Wallner ist stolz darauf, dass die winzigen Siliziumdetektoren ihrer Firma schon 3-mal auf den roten Planeten gereist sind. „Als Teil eines Röntgenspektrometers in den Mars-Rovern können sie Gesteinsproben präzise analysieren“, erklärt die Geschäftsführerin der Münchner KETEK GmbH.
Die hochsensitiven Halbleiterdetektoren sind wahre Alleskönner in der zerstörungsfreien Materialanalyse. Auf dem Schrottplatz bestimmen sie die Qualität von Eisen und Metallen. Sie erkennen gefälschte Gemälde und Giftstoffe, spüren Metallgehalte im Gestein auf. Blei in chinesischem Spielzeug wiesen sie auch schon nach. „Ein großer Wachstumsmarkt für uns ist die Materialsortierung, zum Beispiel für das Recycling“, ergänzt Wallner.
Auszeichnungen als Ansporn
Dank des Erfindungsreichtums ihres Vaters Josef Kemmer befindet sich KETEK seit der Gründung 1989 auf Wachstumskurs. Das liegt an der besonders hohen Qualität der Detektoren, die andere Systeme verdrängen, in immer kleinere Geräte eingebaut werden können und unendlich viele Anwendungsmöglichkeiten eröffnen. Wallner erklärt das alles sehr souverän, obwohl sie nicht vom Fach ist – „dafür habe ich kompetente Kollegen“, sagt sie. Allen voran die Geschäftsführer und Physiker Reinhard Fojt und Jürgen Knobloch.
Im Juli konnte Wallner gleich 2 Auszeichnungen entgegennehmen: „Bayerns Best 50“ für das überdurchschnittliche Wachstum der Firma und einen persönlichen Sonderpreis als „Bayerische Unternehmerin des Jahres 2024“. Damit habe sie nicht gerechnet, sagt sie. „Für mich bedeutet das einen Ansporn, so weiterzumachen wie bisher.“
Erfahrung auf allen Ebenen
Ihre ersten beruflichen Erfahrungen sammelte Wallner in der Touristikbranche in Island und später bei einer Bank. Dabei entdeckte sie, dass sie gut organisieren, zuhören und mit Menschen umgehen kann. Als 2000 bei KETEK die Umstellung von der Auftragsforschung zur Produktion begann, stieg sie in den elterlichen Betrieb ein. Als „Mädchen für alles“ managte sie mit ihrem damals noch kleinen Team, was gerade anstand: Einkauf, Marketing, Personalmanagement, Einführung eines ERP-Systems, Vertrieb.
„Ich habe sogar selbst Pakete gepackt“, sagt Wallner. Das Plus: Sie begleitete den Neustart von der Pike auf, war in alle Prozesse eingebunden und wurde, so sagt sie, in der Männerbranche sofort anerkannt.
Offene, ehrliche Kommunikation
Diese „superspannende Zeit“ gestaltete sie 7 Jahre lang gemeinsam mit ihrem Vater maßgeblich mit, bis sie nach seinem Tod 2007 geschäftsführende Gesellschafterin wurde. Ihr Vater habe sie mit seiner bodenständigen Art, seiner Zugewandtheit, Intuition und Ausdauer stark geprägt, sagt Wallner.
Sie lebt im Betrieb eine familiäre Atmosphäre, setzt sich mit den persönlichen Problemen ihrer Leute auseinander. „Ich brauche Offenheit und Ehrlichkeit“, betont sie nachdrücklich. Ihre Tür ist offen, so wie ihre Kommunikation. In monatlichen Meetings, zu denen sie alle Kollegen einlädt, wird über neue Projekte, technologische Neuerungen, IT-Sicherheit, Arbeitsschutz, aber auch über die Geschäftszahlen informiert – jeder ist permanent auf dem neuesten Stand.
„Echte Tiefs gab es nie“
„Dissonanzen kann ich nicht ertragen, die muss ich gleich ausräumen“, sagt Wallner und zieht eine Parallele zur Musik. Sie spielt Orgel, Querflöte und Saxofon, singt gern und leitet einen Kirchenchor. Auch hier achte sie auf harmonische Klänge.
Dabei räumt sie ein, dass sie es leicht hatte. „Der Firma ging es immer gut, Belastungen durch echte Tiefs gab es nicht.“ Der Weltmarktführer für Silizium-Driftdetektoren ist in einer Nische tätig und muss kaum Konkurrenz fürchten.
Weltweit kaum Konkurrenz
In den USA und in München sitzen weitere Hersteller, jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Für Großunternehmen sei der Markt nicht interessant, meint Wallner. Die Stückzahlen liegen bei insgesamt 30.000 – KETEK liefert die Hälfte davon. Langsam entwickeln sich in China Anbieter, allerdings erreiche deren Sensorqualität nicht jene der KETEK-Produkte, meint Wallner.
Kapazitäten für die Zukunft
Und so kann die Geschäftsführerin den nächsten Meilenstein anpeilen. Sie plant eine Expansion der Anwendungsfelder. Das Unternehmen hat gerade das Nachbargrundstück in München-Perlach gekauft, um dort ein neues Produktionsgebäude zu bauen, nach Wallners Angaben das größte Projekt in der Firmengeschichte. „Damit schaffen wir viel Kapazität für die Zukunft.“
Zur Person: Silvia Wallner
Silvia Wallner, Jahrgang 1972, studierte BWL und Tourismus an der Hochschule München und arbeitete danach in der Touristikbranche und bei einer Bank. 2000 stieg sie in die 1989 vom Vater gegründete KETEK GmbH Halbleiter- und Reinraumtechnik in München ein. Das Unternehmen, das 140 Mitarbeiter beschäftigt und rund 50 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet, stellt hochauflösende Halbleiterstrahlungsdetektoren mit Auswerteelektronik für die Materialanalyse her. Seit 2007 ist Wallner geschäftsführende Gesellschafterin. Sie ist verheiratet und hat 2 Söhne.