Vom Glück der Nische

Mit Klimakammern und Hightech-Forschungsbauten hat Stefan Innerhofer eine lukrative Marktlücke entdeckt. Die Anlagen seines Unternehmens regineering können praktisch alle Umweltbedingungen der Erde simulieren.
HARRIET AUSTEN, Ausgabe 01/2023
Aufgewachsen ist Stefan Innerhofer auf einem Bergbauernhof im Pustertal. »Wir mussten vieles selbst organisieren«, erinnert sich der heutige Inhaber und Geschäftsführer der regineering GmbH aus Preith bei Eichstätt. Verbundenheit mit der Natur, erneuerbare Energien, Autarkie, alternative Mobilität – das sind Themen, die sich wie ein roter Faden durch sein Berufsleben ziehen und ihn bis heute prägen.
Bedingungen wie in der Sahara
Sein Unternehmen ist spezialisiert auf Sonderprüfstände für Batterien, Hightech-Forschungsbauten sowie Klimakammern, in denen sich realitätsnahe Umweltbedingungen mit Hitze, Kälte, Regen, Schnee, Trockenheit oder UV-Strahlen simulieren lassen. »Das geht sogar so weit, dass wir Bedingungen wie in der Sahara oder auf dem Mount Everest erzeugen können«, sagt Innerhofer stolz.
Der studierte Maschinenbauingenieur kommt noch einmal auf den Bergbauernhof zu sprechen: »Das Einzige, was wir kaufen mussten, war Dieselkraftstoff.« Innerhofer strebte auch hier nach Autarkie und baute sein Auto so um, dass es Rapsöl tanken konnte. Die Tankstelle errichtete er gleich mit. »Ich war immer ein Macher«, meint er dazu.
So gründete Innerhofer mit Studienkollegen im Rahmen seiner Diplomarbeit gleich ein Unternehmen: die refuel GmbH in Garching. Die Firma war erst einmal ein voller Erfolg. Doch bald fehlte die Perspektive, weil Pflanzenöle nicht mehr steuersubventioniert wurden. Die Partner stiegen aus. Das Ingenieurbüro, das Innerhofer im Anschluss startete, kam nicht recht über die Anfänge hinaus.
Durchbruch nach 10 mageren Jahren
Getreu seinem Motto, immer unabhängig zu bleiben, machte der Absolvent der Technischen Universität München (TUM) allein weiter. 2012 gründete er regineering und begann mit Motorprüfständen für Universitäten und Forschungsinstitute. Der Durchbruch kam 2014, als er eine öffentliche Ausschreibung für Klimakammern zur Pflanzenforschung gewann. »Ein unbeschreibliches Erlebnis«, sagt Innerhofer und freut sich noch heute, dass er nach zehn mageren Jahren endlich »das Glück hatte, diese Branche und somit eine neue Sparte gefunden zu haben«.
Ökosysteme im Miniaturformat
Seitdem hat die Firma, die inzwischen ihren Sitz in Preith bei Eichstätt hat und ständig wächst, mehr als 100 Klimakammern geplant und gebaut, in denen alle gängigen Wetterparameter realistisch und präzise nachgestellt werden können. Auftraggeber sind Forschungseinrichtungen, die beispielsweise klimaresistente Pflanzen züchten, oder Firmen, die Werkstoffe oder Maschinen testen wollen. »Vor allem aber lassen sich in den Miniatur-Ökosystemen die Folgen des Klimawandels gut simulieren«, sagt Innerhofer. Der Markt wachse immer weiter, während die Zahl der Anbieter überschaubar geblieben sei. »An uns kommt man nicht mehr vorbei«, sagt der 41-Jährige stolz.
Marktlücke Hightech-Forschungsbauten
Das gilt umso mehr, als der agile Unternehmer 2017 eine weitere Marktlücke entdeckte: Hightech-Bauten für Wissenschaft und Forschung. Damit will Innerhofer das Auf und Ab des Anlagenbaus ausgleichen und »in ruhigeres Fahrwasser gelangen«. Ein erster Meilenstein war der terraXcube in Bozen, in dem extreme klimatische Bedingungen simuliert werden können. Das erspart Wissenschaftlern aufwendige Reisen.
Biotop in der Box
Inzwischen ist regineering zudem als Generalunternehmer tätig und deckt die ganze Bandbreite von Entwicklung über Fertigung bis zu Montage und Betrieb ab. »Damit können wir maximal flexibel auf Kundenwünsche eingehen«, sagt Innerhofer. Das erste Projekt ist eine fast vollständig energieautarke Forschungs- und Lehrstation aus Holz für die TUM in Berchtesgaden. »Wir lösen Probleme, die noch keiner davor gelöst hat«, sagt Innerhofer selbstbewusst. Das gilt auch für eine innovative Eigenentwicklung, die jetzt vermarktet werden soll: das EnviroLab, ein Biotop in der Box als Forschungsplattform für Umweltfragen. »Dass sich die Firma so positiv entwickelt und in jedem Bereich so ein großes Potenzial aufweist«, hätte er nie gedacht, sagt der Unternehmer rückblickend.
Offen für Neues
Maßgeblich zum Erfolg beigetragen hat wohl auch Innerhofers Offenheit für Neues. So bewarb er sich 2020 für eine anspruchsvolle Kunstinstallation und bekam tatsächlich den Zuschlag: Sein Unternehmen durfte die 243 Stahlsilhouetten für die Gedenkstätte anlässlich des 40. Jahrestags des Oktoberfestattentats auf der Theresienwiese bearbeiten und aufstellen. Innerhofer: »Wir lieben solche Herausforderungen für unser Team und fühlen uns sehr geehrt.«
Zur Person: Stefan Innerhofer
Stefan Innerhofer, Jahrgang 1981, wuchs auf einem Bergbauernhof in Südtirol auf. Während seines Maschinenbaustudiums an der TUM gründete er das Start-up refuel GmbH mit einer Tankstelle für regenerative Treibstoffe und später das Ingenieurbüro Duft & Innerhofer GbR, das Motoren für Pflanzenöle entwickelte. Daraus entstand 2012 die regineering GmbH mit dem heutigen Firmensitz in Preith, die mit 80 Mitarbeitern Umweltsimulationssysteme sowie Hightech-Bauten für Wissenschaft, Forschung und Industrie entwickelt und fertigt.