Standortpolitik

Erfolg im zweiten Anlauf

Antretter & Huber ©
Nutzten das Netzwerk – die Unternehmer Peter Antretter (l.) und Alois Huber

Mit einem Internetprodukt für Caravannutzer erschließt Antretter & Huber eine vielversprechende Marktlücke. Bei der Realisierung halfen Partner und Mieter des Gründerzentrums Stellwerk18 in Rosenheim kräftig mit.

STEFAN BOTTLER, Ausgabe 11/2022

Für die Zukunft eines Unternehmens kann ein einziges Meeting entscheidend sein. Diese Erfahrung machte Peter Antretter (36) vor drei Jahren. »Mein Partner Alois Huber und ich arbeiteten an einer mobilen Internetlösung für Camper und kamen mit der ursprünglich favorisierten Antennenlösung nicht weiter«, erinnert sich der Gründer der Antretter & Huber GmbH. »Wir ergänzten diese mit Routertechnik und suchten hierfür einen Programmierer mit spezifischem Knowhow.« Das war einfacher gesagt als getan. Viele Programmierer hatten sich auf Cloud-Technologie spezialisiert und konnten mit den Wireless-Produkten des Rosenheimer Start-ups nichts anfangen.

Am Ende landeten Antretter und Huber (38) trotzdem einen Coup: Sie engagierten einen selbstständigen Programmierer mit internationaler Berufserfahrung und umfangreichen Kenntnissen in künstlicher Intelligenz (KI) und neuronalen Netzen. »Der neue Partner sicherte auch eine Beteiligung an unserem Unternehmen zu«, berichtet Antretter. Den Kontakt hatte die InnFactory GmbH vermittelt. Das IT-Unternehmen war wie Antretter & Huber 2017 ins Rosenheimer Gründerzentrum Stellwerk18 gezogen und hatte einen guten Draht in die Programmierbranche.

»Synergieeffekte machen Gründerzentren attraktiv«

»Solche Synergieeffekte machen Gründerzentren wirklich attraktiv«, freut sich Florian Wiesböck (35), Geschäftsführer von Stellwerk18. »Die Mieter sollen nicht nur von Standort, Infrastruktur und günstigen Mieten, sondern auch vom Austausch profitieren.«

20 Start-ups unter einem Dach

Über 20 Start-ups haben sich in Stellwerk18 für bis zu fünf Jahre eingemietet. Jeder Mieter kann die Dienstleistungen des Stellwerk18-Teams und des Netzwerks BayStartUp nutzen. Beide helfen bei der Entwicklung von Businessplänen und der Vermittlung von Investoren und Fördermittelgebern. Zudem können die Mieter auf regelmäßigen Treffen Kontakte zum regionalen Mittelstand, zu Wirtschaftsförderern und anderen Partnern knüpfen.

»Über Stellwerk18 wurde unser erster Partner und Kunde, die VR Bank Rosenheim, auf uns aufmerksam«, berichtet Tobias Jonas, Gründer und Geschäftsführer von InnFactory. Das IT-Unternehmen, das Jonas und zwei weitere Absolventen der Technischen Hochschule (TH) Rosenheim 2017 gründeten, hat sich auf Plattformen für Cloud-Computing und Internet of Things spezialisiert. In der Pandemie wuchs die Firma mit Software für Tests und Impfungen und konnte namhafte Unternehmen wie MunichRe, Linde, Rossmann und Microsoft Deutschland als Kunden gewinnen

Patentierte Antennentechnologie

Antretter & Huber fanden mit dem selbstständigen Programmierer als Partner wieder in die Erfolgsspur. Als Ingenieure, die vor der Firmengründung über zehn Jahre Berufserfahrung bei Kathrein Automotive (heute Continental) gesammelt hatten, entwickelten sie ihr Produkt CamperNet: Via Mobilfunk oder WLAN können Caravanfreunde mit einem robusten Router und patentierter Antennentechnologie, die bis zu 30 Kilometer überbrückt, überall in Europa Smart-TV, Streamingdienste und andere Unterhaltungsangebote mit hohem Datenverbrauch empfangen.

Blogger als Testkunden

Weil der eigentlich für industrielle Anwendungen entwickelte Router die Elektronik gut schützt, die Software selbsterklärend ist und eine Firewall hohe Sicherheit verspricht, rechneten sich die Gründer 2020, mitten in der Pandemie, sehr gute Chancen im Wettbewerb aus. »Wir hatten zunächst Blogger als Testkunden engagiert«, so Antretter. Als diese begeistert von dem neuen Produkt berichteten, stieg auch der Handel ein. Mehrere große Häuser nahmen CamperNet in ihre Kataloge auf und entwickelten Nachrüstangebote für ihre Werkstätten. Antretter und Huber waren in einen Wachstumsmarkt vorgestoßen. Nicht nur der Absatz von Caravans zog an, sondern auch die Nachfrage nach Netflix & Co. So profitierten die Gründer gleich von zwei Trends.

Ziel Original Equipment Manufacturer (OEM)

Auf der Weltleitmesse Caravan Salon in Düsseldorf, die auch während der Pandemie jährlich stattfand, knüpften sie Kontakt zu Concorde und anderen Caravanmarken. Jetzt bauen zwei Hersteller Camper-Net serienmäßig ein, weitere wollen folgen. Damit haben die Firmengründer auch die Weichen für die Zukunft gestellt. »Wir wollen ein Original Equipment Manufacturer (OEM) werden«, sagt Antretter, »und auf Erstausrüstungen setzen.«

Weil der Markt weiter wächst, muss das Unternehmen seine Kapazitäten ausbauen. Jetzt entwickelt der Betrieb, der Ende 2021 nach Ablauf des Mietvertrags aus Stellwerk18 auszog, mit rund einem halben Dutzend Mitarbeitern in Au bei Bad Feilnbach einen neuen Standort. Dort kann die Produktion auf bis zu 10.000 Einheiten im Jahr verdoppelt werden.

»Wichtiger Begegnungsort«

»Vor allem als Begegnungsort mit weiteren Unternehmen und Partnern ist Stellwerk18 für uns wichtig gewesen«, blickt Antretter zurück. Als mitten in der Krise des Unternehmens 2019 die bisherige Hausbank die Kontokurrentkreditlinie nicht erhöhen wollte, sprang als neuer Finanzierungspartner die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling ein. Sie ist einer der rund zwei Dutzend regionalen Partner von Stellwerk18. Jetzt unterstützt das Institut das Start-up beim Aufbau des neuen Standorts.

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