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Richtige Anreize setzen

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Gefragte Fachkräfte – wann sind sie bereit, mehr zu arbeiten?

Reformen des Steuer- und Abgabensystems können helfen, den Arbeitskräftemangel zu mindern. Das zeigt eine aktuelle Studie des ifo Instituts.

Von Nadja Matthes, IHK-Magazin 10/2024

Aus Sicht der Unternehmen kommt es auf jeden Beschäftigungsanreiz an. Ob Einstieg in die Erwerbstätigkeit, einige Wochenstunden mehr in der Teilzeitarbeit oder längeres, weil attraktiveres Arbeiten zur Rente hin – jede Wochenarbeitsstunde mehr zählt, wenn Arbeitskräfte knapp sind.

Einige Regelungen führen derzeit jedoch dazu, dass es sich für manche Menschen gar nicht lohnt, mehr oder überhaupt zu arbeiten. Das Ehegattensplitting etwa wirkt so, die Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung ebenso.

Ansatzpunkte bei Frauen und Älteren

Würden solche Fehlanreize wegfallen, könnten in Deutschland umgerechnet mehr als 1,2 Millionen Vollzeitstellen besetzt werden, etwa ein Sechstel davon in Bayern. Dies hat das ifo Institut in einer Studie im Auftrag der IHK für München und Oberbayern errechnet. „Das Steuer- und Abgabensystem in Deutschland kann definitiv so umgebaut werden, dass der Arbeitskräftemangel gemildert wird“, sagt Volker Meier vom ifo Zentrum für Arbeitsmarkt- und Bevölkerungsökonomik, einer der Autoren der Studie.

Die Forscher suchten gezielt nach Ansatzpunkten, wie sich die Erwerbstätigkeit von Frauen und älteren Arbeitnehmern erhöhen lässt. Allein der gerade beschlossene Wegfall der Steuerklassen 3 und 5 kann in Deutschland ein Plus von umgerechnet 67.000 Vollzeitkräften bringen.

Was zur Jobaufnahme motiviert

Bis zu 200.000 Vollzeitstellen könnten besetzt werden, wenn das Ehegattensplitting durch eine individuelle Besteuerung oder durch ein Familiensplitting ersetzt werden würde. Die Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung würde zu 150.000 Vollzeitkräften mehr in Beschäftigung führen.

Die Vollzeitkräfte dienen hier als rechnerische Größe, um Effekte besser vergleichen zu können. Das Beschäftigungsplus entsteht dadurch, dass etwa Teilzeitkräfte ihre Stundenzahl erhöhen oder Arbeitskräfte überhaupt erst eine (Teilzeit-)Beschäftigung aufnehmen. Positiv auf die Beschäftigung würde sich auch mehr Kinderbetreuung auswirken: 400.000 zusätzliche Plätze in Kitas & Co. hätten ein Plus von 58.000 Vollzeitstellen zur Folge, so die Studie.

Frühe Rente ist Auslaufmodell

Bei der Rentenversicherung würde die Abschaffung der Rente für besonders langjährig Versicherte (früher „Rente mit 63“) 157.000 Vollzeitkräfte zusätzlich bringen. Die schrittweise Erhöhung der gesetzlichen Regelaltersgrenze von 67 auf 69 Jahre ließe Beschäftigungszuwächse in Höhe von 473.000 Vollzeitkräften erwarten.

Erwerbstätigkeit belohnen

„Angesichts des Alterungsschubs und des Arbeitskräftemangels muss unser Steuer- und Sozialsystem konsequent Erwerbstätigkeit belohnen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. Entsprechende Reformen wären auch ein wichtiger Beitrag für mehr Fairness unter allen Steuer- und Abgabenzahlern sowie zwischen den Generationen. „Generell bleibt aber auch der Befund, dass die Steuer- und Abgabenlast für Erwerbstätige in Deutschland zu hoch ist.“    

IHK-Info zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen und Älteren

Hier zur ifo-Kurzstudie „Ansatzpunkte zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen und Älteren“.

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