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Beliebt – vor allem der Süden Oberbayerns zieht ganzjährig Touristen an

Der Tourismus in Oberbayern hat nach der Coronakrise mehr als aufgeholt. Aber es gibt Verbesserungspotenzial, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Von Sabine Hölper, IHK-Magazin 10/2025

Bilder sagen mehr als 1.000 Worte: Bei der Vorstellung der aktuellen Studie zum „Wirtschaftsfaktor Tourismus für Oberbayern“ im PresseClub München sah man Ende Juli viele gut gelaunte Gesichter. Kein Wunder bei den Ergebnissen: Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 ist die Zahl der Übernachtungen um 3,7 Prozent auf fast 55 Millionen gestiegen. Die Ausgaben der Übernachtungsgäste pro Kopf und Tag haben sich von rund 172 Euro 2019 auf fast 190 Euro im Jahr 2024 erhöht.

„Es gibt Grund zur Freude“, sagt Oswald Pehel, Geschäftsführer des Tourismus Oberbayern München e.V. (TOM). „Viele Regionen haben die Umsätze des Jahres 2019 eingeholt oder gar übertroffen.“

Übernachtungsrekorde in München

Das sind gute Nachrichten. Und sie sind nicht selbstverständlich. Andere Bundesländer, etwa Berlin, verzeichnen einen Rückgang an Touristen. In Oberbayern klopft man sich derweil auf die Schulter. Man habe vieles richtig gemacht.

München holte etwa große Stars der Musikszene in die Stadt und erzielte auch deshalb 2024 Übernachtungsrekorde. Ländliche Regionen legten ebenfalls zu. In Garmisch-Partenkirchen und im Chiemsee-Alpenland betrug das Plus an Übernachtungen zwischen 2019 und 2024 jeweils mehr als 5 Prozent, der Pfaffenwinkel verzeichnete im vergangenen Jahr 8,9 Prozent mehr Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben.

Von Kultur bis Sport alles im Angebot

„Vor allem der Süden von Oberbayern hat das Glück, eine ganzjährige Tourismusregion zu sein“, nennt Pehel einen Grund für das gute Abschneiden. Das gelte sogar trotz des weniger werdenden Schnees. „Wer in Oberbayern Winterurlaub macht, will – anders als in den hochalpinen Orten in Österreich und der Schweiz – nicht nur Ski fahren, sondern besucht auch die Städte, die Kultur, geht wandern.“ Die Region sei breit aufgestellt – und davon profitiere sie.

Gäste aus dem In- und Ausland bringen nicht nur Geld in die Kassen der Hotellerie und Gastronomie. Auch Reiseveranstalter und -vermittler sowie Verkehrsunternehmen machen höhere Umsätze, wenn mehr Gäste nach Oberbayern kommen. Zudem verzeichnet der Einzelhandel höhere Einnahmen, ebenfalls das Handwerk, das Dienstleistungs- und das produzierende Gewerbe. Das zeigt, wie wichtig der Tourismus für die Wertschöpfung in der Region ist.

Knackpunkt: Weiger Tagestouristen

Dazu hält die Tourismus-Studie, die TOM alle 5 Jahre im Auftrag der IHK für München und Oberbayern und des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA Bayern e.V. erstellt, wichtige Daten bereit: So betrug der im vergangenen Jahr erwirtschaftete Bruttoumsatz in Oberbayern fast 17 Milliarden Euro, was einem Plus von 10,7 Prozent im Vergleich zu 2019 entspricht. Aufgeschlüsselt nach Branchen, waren das 8,6 Milliarden Euro für das Gastgewerbe, 4,8 Milliarden Euro für den Einzelhandel und 3,5

Milliarden Euro für Dienstleistungen

„Insgesamt ist die Tourismusregion Oberbayern erfolgreich“, sagt Juliane Berauer, Referentin Tourismus bei der IHK für München und Oberbayern. Dennoch müsse man die Ergebnisse differenziert betrachten. Weniger positiv sei zum Beispiel die Entwicklung bei den Tagestouristen. Knapp 207 Millionen Tagesreisende 2024 entsprächen einem Minus von 3,4 Prozent im 5-Jahres-Vergleich.

Gäste nicht mehr so spendabel

Der Rückgang schlägt stark zu Buche, da die Tagesbesucher eine wichtige Säule in der Branche sind. Laut Studie tragen sie fast zur Hälfte zum touristischen Umsatz bei. „Bei den Tagestouristen zeigt sich die Konsumzurückhaltung“, sagt TOM-Geschäftsführer Pehel. „Sie machen weniger oder nicht so kostenintensive Ausflüge.“ Zwar habe sich der Umsatz trotz der verminderten Gästeanzahl von 6,5 auf rund 7 Milliarden Euro erhöht. Aber: Die Steigerung ist der Inflation geschuldet.

Auch Christian Bär, Vorsitzender des Bezirks Oberbayern beim DEHOGA Bayern e.V., sagt, dass man die „auf den ersten Blick guten Ergebnisse“ genauer analysieren sollte. So seien die Bruttoumsätze im Rekordjahr 2024 zwar stark gestiegen. Aber, so Bär: „Diese Zahlen sind nicht inflationsbereinigt.“ Hotellerie und Gastronomie litten unter einem hohen Kostendruck. „Allein der Anstieg der Tariflöhne sowie die Preissteigerungen bei Energie und Wareneinkauf stellen viele Familienbetriebe vor kaum lösbare Herausforderungen.“ Erschwerend komme hinzu, dass die Gäste weniger Mittel zur Verfügung haben.

Regionen performen unterschiedlich

Das trifft alle Gegenden. Aber umso mehr jene, die ohnehin etwas weniger frequentiert sind. Die Betrachtung der touristischen Einnahmen ist somit immer auch eine nach Regionen. Und hier zeigt sich seit Jahren, dass der Alpenraum bedeutend besser dasteht als der Norden oder der Osten Oberbayerns.

Trumpf: Familiäre Führungskultur

Denise Amrhein ist Chefin der Fuchsbräu Hotel GmbH in Beilngries, einer der nördlichsten Gemeinden Oberbayerns. „Der Landkreis Eichstätt hat 2024 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang an Gästen erlebt“, sagt sie. Die Betriebe in Beilngries, ihr eigener eingeschlossen, seien zwar weniger betroffen. „Gründe dafür sind nicht nur die zentrale Lage und das touristische Angebot des Ortes, sondern auch die Tatsache, dass alle Hotels familiengeführt sind und auf eine gute Nachfolge hoffen lassen“, sagt Amrhein. Dennoch sei es ein Fakt, dass manche Gegenden in Oberbayern, wie zum Beispiel die meisten Umlandgemeinden von München, vergleichsweise wenige Besucher zählen.

Dem Übertourismus entgegenwirken

Die Beliebtheit der Ziele ist zum Teil naturgegeben, die Alpenregion etwa besitzt allein wegen der Berge besonders hohe Anziehungskraft. Aber gerade deshalb lohne es sich, die Besucherströme noch effektiver umzulenken – hin zu weniger frequentierten Regionen. Das würde auch dem Übertourismus an den Hotspots entgegenwirken. Damit dies gelingt, muss die Infrastruktur ausgebaut werden. Vor allem der öffentliche Nahverkehr sollte besser werden, findet Amrhein: „Ein MVG-Ticket reicht weit aus München heraus“, sagt sie. „Aber eher in den Süden als in Richtung Norden. Das sollte sich ändern.“

IHK-Info: Tourismus in Oberbayern

Die komplette Tourismus-Studie vom Juli 2025 sowie weitere Infos zur Branche gibt es hier auf der IHK-Tourismus-Website.

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