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Berufswunsch? Chefin!

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„Wirtschaft braucht mehr Unternehmerinnen“, sagt Fuchsbräu-Chefin Denise Amrhein (l.), hier als Gastgeberin beim IHK-Girls’Day im April 2023

Mädchen für die Selbstständigkeit zu begeistern, ist das Ziel des IHK-Girls’Day „Ich werde Chefin!“ am 25. April 2024. Unternehmerinnen engagieren sich als Gastgeberinnen.

Von Gabriele Lüke, IHK-Magazin 03/2024

Ein Bestandteil moderner Computerspiele ist der sogenannte NPC: der non-playable character, der nicht spielbare Charakter. Darunter verstehen Gamer eine Figur, die allein vom Algorithmus, nicht aber von den Spielern gesteuert wird.

Andrea Stellwag, Finanzchefin des IT-Dienstleisters ConSol Consulting & Solutions Software GmbH in München, nutzt die Figur oft in ihrer Einstiegsbotschaft am IHK-Girls’Day „Ich werde Chefin!“: „Werdet vom NPC zur Gestalterin eurer Zukunft!“, fordert sie die Teilnehmerinnen auf.

Role-Models fürs Unternehmerinnentum

Damit liefert Stellwag auch gleich die Erklärung, warum sie gern als Gastgeberin fungiert. „Frauen sollten bei ihrer beruflichen Entwicklung ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit deutlich mehr in den Fokus stellen, als es oft der Fall ist. Der IHK-Girls’Day setzt hier ein Zeichen und macht schon in der Berufsfindungsphase Mut, den Weg nach oben, in Führungspositionen bis hin zum eigenen Unternehmen, anzustreben.“

Das sieht Denise Amrhein, Chefin der Fuchsbräu Hotel GmbH in Beilngries, ähnlich. „Wir können gar nicht früh genug damit anfangen, die Mädchen für die Idee der Selbstständigkeit zu öffnen.“ Der IHK-Girls’Day liefere dafür die perfekte Gelegenheit. „Die Mädchen erleben, wie abwechslungsreich es ist und wie viel Spaß es macht, einen Betrieb zu führen und weiterzuentwickeln“, sagt Amrhein und findet: „Es darf von uns Unternehmerinnen ruhig noch mehr geben.“

Im Fokus: Selbstständigkeit statt MINT

Elfriede Kerschl, Referatsleiterin IHK Business Women, Fachkräfte, Weiterbildung, hört solche engagierten Worte gern. Sie hat den IHK-Girls’Day 2019 initiiert. Seither findet er zeitgleich mit dem bundesweiten Girls’Day statt – in diesem Jahr am 25. April. Dabei dreht die IHK die Idee des klassischen Girls’Days noch weiter. Will der Klassiker mehr Mädchen für die nach wie vor männerdominierten Berufe in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) gewinnen, rückt der IHK-Girls’Day vor allem die Selbstständigkeit ins Zentrum.

Denn auch Unternehmen werden noch weit häufiger von Männern als von Frauen geführt. Aktuell sind in München und Oberbayern über alle Betriebsgrößen hinweg knapp 30 Prozent der Firmen in Frauenhand, bei den im Handelsregister registrierten Unternehmen sind es rund 20 Prozent. Bei Gründungen sind die Zahlen ebenfalls ausbaufähig. So machten Frauen laut KfW Gründungsmonitor bundesweit rund 37 Prozent der jungen Unternehmer aus, bei technikaffinen Start-ups sind es laut Deutschem Startup Monitor etwa 20 Prozent.

Gastgeberinnen gesucht

„Es besteht noch Nachholbedarf. Mehr Diversität an der Spitze der Unternehmen bereichert Wirtschaft und Standort. Deshalb gibt es den IHK-Girls’Day“, sagt Kerschl. „Wir freuen uns, wenn wir auch für 2024 wieder viele inspirierende Unternehmerinnen und Managerinnen als Gastgeberinnen und Role Models gewinnen, die jungen Mädchen mögliche Bedenken nehmen. Die ihnen Lust auf die Selbstständigkeit und Unternehmensführung machen – von der Soloselbstständigen über die Mittelständlerin bis zur Konzernvorständin.“

Denise Amrhein und Andrea Stellwag sind in jedem Fall wieder dabei. „Unser Familienunternehmen wurde bereits in den 1870er-Jahren gegründet“, sagt Amrhein. „Es waren fast durchgehend Frauen mit an der Spitze. Die Botschaft, die ich schon als Kind gelernt habe, lautet daher: Frauen haben im Berufsleben die gleichen Möglichkeiten wie Männer – dazu gehört eben auch, ein Unternehmen zu führen.“ Sie selbst übernahm das Fuchsbräu vor 16 Jahren von ihren Eltern.

Ermunterung, Karriere zu machen

Auch am IHK-Girls’Day sind starke Frauenvorbilder für sie ein zentrales Thema. „Ich erlebe bei Bewerbungsgesprächen noch viel zu oft, dass die Mädchen in traditionellen Rollenvorstellungen verhaftet sind.“ Anstatt nach Aufstieg und Fortbildung würden sie nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder nach Teilzeit fragen. „Sie schränken ihren Karriereweg also schon ein, noch bevor sie in den Beruf gestartet sind. Als ob die Vereinbarkeit allein auf den Schultern der Frauen läge.“

„Wirtschaft lebt von Vielfalt“

Am Girls’Day ermuntert die Unternehmerin die Mädchen daher, zunächst ihr eigenes berufliches Wissen und Fortkommen zu forcieren, früh eine Karriere zu starten – das sei insbesondere in der Gastronomie ein Leichtes – und eine Selbstständigkeit auf keinen Fall auszuschließen. „Ich zeige ihnen die Vielfalt der praktischen Aufgaben, die Kreativität, die Gestaltungsfreiheit, die Personalführung, das strategische Moment der Geschäftsleitung“, so Amrhein. „So möchte ich sie fürs Unternehmerinnentum begeistern.“

An ihrem eigenen Beispiel erläutere sie, wie sich die Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum gut bewerkstelligen lasse. „Die Wirtschaft lebt von Vielfalt – sie braucht also auch unbedingt mehr Unternehmerinnen.“

Führungskultur erleben lassen

Eine begeisterte Einführung in das Management einer modernen IT-Firma bekommen die Girls’Day-Teilnehmerinnen von Andrea Stellwag: „Die Mädchen lernen, was es praktisch bedeutet, ein Unternehmen zu führen, was es zu wissen und zu tun gibt – vom technischen Produktwissen bis zur Führungskultur.“ Sie dürfen einen Computer zusammenbauen, ein kleines Softwareprogramm schreiben und an einer Sitzung des Geschäftsleitungsboards teilnehmen. „Wir lassen sie bei uns erleben, wie Führung im Team und auf Augenhöhe funktioniert.“

Widerspruch aushalten

Auch Stellwag bestärkt die Mädchen, mutig und selbstbewusst zu sein, vorgegebene Rollenmuster abzulegen. Ihr besonderes Augenmerk: „Führung allein oder im Team, angestellt oder in der Selbstständigkeit, das ist nicht nur Harmonie. Das heißt auch, für Ideen zu kämpfen, zu überzeugen, Widerspruch auszuhalten, sich konstruktiv mit verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen.“ Wenn die jungen Frauen erleben, dass sachliche Kritik produktiv ist, weil nur so die beste Software, das beste Produkt entsteht, „dann platzt hoffentlich auch dieser Knoten und sie nutzen ihr Potenzial selbstsicher und entschlossen“.

„Mach dein Ding!“

Stellwags wichtigste Ansage: „Lass dich von keinem Widerspruch, keinen vorgegebenen Rollenbildern abhalten: Sei von deinem Weg überzeugt, mach dein Ding, bring dich persönlich, und damit auch die Wirtschaft, voran – sei kein NPC.“

IHK-Info zum IHK-Girls’Day „Ich werde Chefin!“

Den bundesweiten Girls’Day gibt es seit 20 Jahren. Er zielt darauf ab, Mädchen für Berufe im Bereich Mathematik, IT, Naturwissenschaften und Technik (MINT) zu interessieren. Die IHK dreht den Girls’Day seit 2019 noch eine Stufe weiter: Sie will mit ihrer Aktion „Ich werde Chefin!“ Schülerinnen ab der 8. Klasse für die Selbstständigkeit interessieren.

In den vergangenen Jahren nahmen stets zwischen 50 und 60 oberbayerische und Münchner Unternehmerinnen als Gastgeberinnen teil. Sie hatten insgesamt zwischen 300 und 400 Schülerinnen zu Gast.

Unternehmerinnen, die am IHK-Girls’Day am 25. April 2024 für die Selbstständigkeit werben und Schülerinnen einladen wollen, finden Infos hier.

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