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Digitale Marktlücke

Marion Vogel ©
„Man muss immer größer denken“, sagt Personio-Chef Hanno Renner

Hanno Renner hat mit Personio eines der wertvollsten Start-ups in Europa mit aufgebaut. Das Unternehmen für HR-Software erzielt mittlerweile eine milliardenschwere Bewertung.

Von Harriet Austen, IHK-Magazin 04/2023

Morgens 8 Uhr, Hanno Renner (33) ist aus New York zugeschaltet. Er erzählt, wie alles begann: „Ich habe mich schon früh für digitale Technologien begeistert und ihre positiven Effekte erkannt.“ Damals studierte er am Center for Digital Technology and Management in München, an dem auch die Gründerschmiede UnternehmerTUM beteiligt ist. Er lernte dort drei Gleichgesinnte kennen, mit denen er sich selbstständig machen wollte.

Da traf es sich gut, dass ein Bekannter über aufwendige Excel-Listen und Papierkram in seiner Personalabteilung klagte. „Das alles müsste man digitalisieren können“, überlegten Renner und seine Kollegen. Personalsoftware gab es zwar, aber sie war auf große Unternehmen fokussiert.

Cloudbasierte Software für KMU

Die Nische war gefunden. Mit ihrem 2015 gegründeten Start-up Personio konzentrieren sich die vier ehemaligen Studenten auf kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Ihre cloudbasierte Software rentiert sich bereits ab 10 Beschäftigten. Damit haben sie eine gewaltige Marktlücke aufgespürt: Rund 70 Prozent der KMU in Europa nutzen noch keine digitalen Lösungen für ihre Personalprozesse.

Mit der Komplettlösung für Recruiting, Personalverwaltung und -entwicklung sowie Gehaltsabrechnung „können sich HR-Teams endlich auf die wichtigste Ressource für ihren Erfolg konzentrieren: die Mitarbeitenden“, sagt Personio-CEO Renner. Das spare Geld und Zeit, bringe einen deutlichen Vorteil im Kampf um junge Talente und verschaffe der Geschäftsleitung einen schnellen Überblick über notwendige Personaldaten.

Kundenberater und Hausmeister in einer Person

Renner musste schnell vom Studenten ohne Berufserfahrung in die Rolle einer Führungskraft hineinwachsen: „Am Anfang war ich Kundenberater, Hausmeister und Organisator in einem.“ Auch heute noch fühle er sich wie jemand, der in kaltes Wasser geworfen wird, das nie warm wird. Kaum hatte Renner grundlegende Kundenprobleme verstanden, Teams aufgebaut und Abteilungen gegründet, wuchs das Unternehmen mit einem nächsten Meilenstein – „und ich bekam wieder neue Aufgaben“, so Renner.

Stiftung fokussiert Klimaschutz und Bildung

Große Schritte sind für ihn: die stetig wachsende Kundenzahl auf aktuell 8.000; zusätzliche Tools wie People Workflow Automation oder Personio Conversations, die den Abnehmern helfen sollen, ihre Arbeitsabläufe weiter zu optimieren; die Erweiterung der Zielgruppe auf Nichtregierungsorganisationen und Behörden. Zudem gründete Renner die Personio Foundation, für die das Unternehmen ein Prozent seines Eigenkapitals zur Verfügung stellt. Die Stiftung will zukunftsorientierte, innovative Organisationen unterstützen, die sich für Klimaschutz und Bildung einsetzen.

Das Start-up hatte das Glück, sofort Abnehmer für die ersten Prototypen zu finden. „Schon da haben wir gesehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, erinnert sich Renner. Gleichzeitig bewies Personio damit, dass es ein Jahr aus eigener Kraft und ohne Finanzierung schaffen und bereits Umsätze tätigen konnte. „Das beeindruckte die anfangs skeptischen Investoren.“

Solides Finanzpolster

Dann flossen die ersten Gelder, die nächsten Finanzierungsrunden wurden immer umfangreicher. Die Kapitalgeber erkannten schnell, dass das Geschäftsmodell ein immenses Marktpotenzial ausschöpfen kann. Bis heute sammelte das Softwareunternehmen rund 700 Millionen US-Dollar Kapital ein und wurde zuletzt mit 8,5 Milliarden US-Dollar bewertet.

Das Finanzpolster versetzt das Unternehmen in eine komfortable Lage. „Wir brauchen derzeit kein neues Geld und können uns unabhängig weiterentwickeln“, freut sich der Firmenchef. Er kann die Expansion ins Ausland ohne Druck vorantreiben und den mittelfristig anvisierten Börsengang planen. „Man muss immer größer denken“, nimmt er sich vor, schließlich soll Personio zum Synonym für HR-Software speziell für KMU werden.

Im Nebenjob Business Angel

Als CEO kümmert sich Renner neben dem „strategischen Vorausdenken“ um aktive und transparente Kommunikation, damit alle Mitarbeiter an den sieben Standorten jederzeit die richtigen Infos bekommen, um selbstständig Entscheidungen treffen und kundenorientiert handeln zu können. Daneben gibt er als Business Angel sein Wissen an 18 Start-ups weiter. Als Auswahlkriterium setzt er vor allem auf ein starkes Team – „der größte Erfolgsfaktor in einem aufstrebenden Unternehmen“, weiß Renner längst aus Erfahrung.    

Zur Person: Hanno Renner

Hanno Renner, Jahrgang 1990, studierte Wirtschaftsingenieurwesen in Konstanz und Technology Management an der TU München. Er gründete die Personio SE & Co. KG mit. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt Personalsoftware für kleine und mittlere Firmen, sammelte bisher über 700 Millionen US-Dollar von Investoren ein und beschäftigt 1.700 Mitarbeiter an sieben Standorten in Europa. 2021 rief CEO Renner die Personio Foundation ins Leben, die gemeinnützige Organisationen in den Bereichen Klimaschutz und Bildung fördert.

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