Betrieb + Praxis

Verkauf per Automat: Tipps für kreative Einzelhändler

Thorsten Jochim ©
Automat als Kundenservice – Claudia Kagerer, Geschäftsführerin Fahrradhaus Schütz

Sie kennen weder Lockdown noch ‎Ladenschluss, sind technisch ‎ausgereift und für verschiedenste Produkte geeignet. Tipps zu Verkaufsautomaten als kreative Ergänzung des Standardgeschäfts.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 12/20

Ein platter Fahrradreifen am Wochenende? Kunden der Fahrradhaus Schütz GmbH wissen, wo sie auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten einen neuen Schlauch kaufen können: Sie nutzen den Automaten, der vor dem Fahrradgeschäft in München-Schwabing hängt. Das Unternehmen hat seit knapp zehn Jahren Erfahrung mit dem Automatengeschäft. »Wir sehen den Automaten als Service für unsere Kunden«, sagt Geschäftsführerin Claudia Kagerer (56). »Und dieser Service wird richtig gut angenommen.«

Anschaffungskosten rasch amortisiert

Auch wenn sich damit keine großen Umsätze erzielen lassen, haben sich die Anschaffungskosten für den Automaten längst amortisiert. Das Nachfüllen geht schnell von der Hand, einmal jährlich wird das Gerät gewartet, ansonsten läuft es problemlos. Obwohl die Werkstatt auch während des Corona-Lockdowns geöffnet bleiben durfte, musste der Schlauchautomat in diesen Wochen etwas häufiger nachgefüllt werden. »Der Kauf am Automaten war einigen Kunden offenbar lieber«, sagt Kagerer.

Die Coronakrise hat das Interesse von Unternehmen an den stummen Verkäufern erhöht. »Automatenhersteller und -dienstleister verzeichnen deutlich mehr Anfragen von Handelsunternehmen«, berichtet Aris Kaschefi (46), Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft (BDV). Denn der Automatenverkauf ist auch dann erlaubt, wenn die Geschäfte geschlossen bleiben müssen.

Sortiment von Angelwürmern zu Kaviar bis Hemden

Hinzu kommt, dass nahezu jedes Produkt für den Automatenverkauf geeignet ist. So liegen unter anderem Angelwürmer, Kaviar, Schuhe, Bohrmaschinen, Hemden oder Regenschirme in den Fächern der Geräte – wobei diese Beispiele nur ein kleiner Auszug aus der laufend wachsenden Kuriositätenliste des BDV sind. »Der Großteil der 570.000 Vending-Automaten, die in Deutschland derzeit im Einsatz sind, verkauft allerdings Kaffee, Snacks und Verpflegung«, sagt Kaschefi. Mehr als 80 Prozent davon dienen der Mitarbeiterversorgung in Unternehmen und Organisationen.

Neue Bedarfe werden auch bedient

Doch die Zahl der Automaten im öffentlichen Raum nimmt zu: »Mittlerweile gibt es zum Beispiel immer mehr Automaten, mit denen regionale Erzeuger ihre Produkte vermarkten. International sind Automatensupermärkte für die Nahversorgung rund um die Uhr im Trend«, so Kaschefi. Aufgrund von Corona wurden in Einkaufszentren und anderen öffentlichen Bereichen zahlreiche Automaten mit Atemschutzmasken und Desinfektionsmitteln aufgestellt. Im Flughafen München gibt es mittlerweile zehn dieser Hygieneautomaten. Die zoells.de GmbH aus Langenzenn hat darüber hinaus Schutzmasken in das Sortiment der klassischen Snackautomaten aufgenommen. Diese Automaten befinden sich an sieben Standorten im Flughafen.

Wraps und Grillfleisch jederzeit

Das Start-up foodji marketplace GmbH, das sich auf Gerichte wie etwa Wraps, Salate und Bagels spezialisiert hat, hat vier Essensautomaten aufgestellt. Zoells.de und foodji betreiben das Automatengeschäft im Flughafen München als sogenannte Operatoren in eigener wirtschaftlicher Verantwortung: Sie stellen die Automaten auf, befüllen und warten sie regelmäßig. Unternehmen können für ihre Produkte Automaten auch selbst kaufen und betreiben. Franz Künzner (43), Geschäftsführer der Metzgerei Franz GmbH, hat sogar ein zweites Gerät beschafft, um sonntägliches Nachbestücken zu vermeiden. »Wir befüllen die Automaten mit Grillfleisch und Kartoffelsalat. Bei schönem Wetter sind montags beide leer«, sagt der Metzgermeister.

Münchner Pionier in der Grillsaison 2013

2013 stellte er den ersten Automaten vor seinem Ladengeschäft in München-Laim auf, um seine Kunden auch jenseits der Öffnungszeiten versorgen zu können, drei Jahre später den zweiten. »Wir waren die erste Metzgerei in München, die das ausprobiert hat«, sagt Künzner. »Probleme gab es in dieser Zeit nie.« Die Ware bleibt maximal drei Tage in den Automaten, wo sie zuverlässig gekühlt wird. Einmal jährlich werden die Geräte gewartet. Bei der Frage, ob sich der Automatenverkauf auch wirtschaftlich rechne, zögert der Unternehmer kurz: »Das ist wetterabhängig. In einer verregneten Sommersaison lohnt es sich eher nicht. Herrscht dagegen monatelang gutes Grillwetter, dann auf jeden Fall.«

IHK-Service: Vier Tipps für Einsteiger ins ‎Automatengeschäft

Aris Kaschefi vom Bundesverband ‎der Deutschen Vending-‎Automatenwirtschaft (BDV) rät:‎

  • Draußen: Wenn Unternehmer Automaten im öffentlichen Raum aufstellen möchten, benötigen sie eine Genehmigung der Ordnungsbehörde. Auf dem eigenen oder gemieteten Grundstück ist dies – zumindest in Gewerbe- und Gewerbemischgebieten – genehmigungsrechtlich einfacher.
     
  • Na Logo: Steht das Gerät draußen, kommen noch die Kosten für Fundament, Stromanschluss, Umhausung oder UV-Beschichtung hinzu. Zudem kann ein Automat mit einer höheren Sicherheitsklasse und Funktionen zur Kontrolle von Temperatur und Füllständen sinnvoll sein. Wichtig ist auch das Unternehmensbranding inklusive Logo. Das schafft Vertrauen und erhöht den Wiedererkennungseffekt.
     
  • Drinnen: In Geschäftsräumen ist das Aufstellen eines Automaten unproblematisch. Dort kann das Gerät Mitarbeiter, Theke und Kasse entlasten. Es kann aber durchaus auch ein Eyecatcher für den Verkauf von kleinteiligen Produkten und Zubehör sein. Einfache, moderne Verkaufsautomaten gibt es bereits ab 5.000 Euro. Bei der Kalkulation sollten Firmen die Wartungskosten berücksichtigen.

Verwandte Themen