Klimaschutz | Standortpolitik

Elektrische Flotte

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Mit Strom unterwegs – bis 2035 wollen die Stadtwerke München komplett auf E-Busse umstellen

Der Verkehrssektor soll künftig mehr zum Klimaschutz beitragen – das betrifft auch betriebliche Fahrzeuge. Wie bayerische Unternehmen die Verkehrswende angehen.

Von Josef Stelzer, IHK-Magazin 01–02/2024

Nach Plänen der Bayerischen Staatsregierung soll der Freistaat bis 2040 klimaneutral sein. Für dieses ambitionierte Vorhaben leistet die Transport- und Logistikbranche einen wachsenden Beitrag: Immer mehr Bus-, Taxi- und Transportunternehmen nutzen vollelektrisch angetriebene Fahrzeuge, die im Gegensatz zu den Verbrennungsmotoren keine direkten CO2-Emissionen erzeugen. „Die Wirtschaft unterstützt die Umstellung der Fahrzeugflotten auf klimaschonende Antriebstechnologien und treibt die Verkehrswende durch vielfältige Aktivitäten voran“, sagt Joseph Seybold, IHK-Referent für Mobilität und ÖPNV.

Das Bus- und Touristikunternehmen Josef Spangler OHG in Pöttmes zum Beispiel fährt ab Januar 2024 vollelektrisch mit 4 Gelenk- und zwei Solobussen. „Wir gehören in der Region Ingolstadt zu den ersten Unternehmen, die E-Busse im Regelbetrieb einsetzen“, sagt Juniorchef Michael Spangler (31). Die Investition ist beträchtlich. Die Anschaffungskosten belaufen sich pro Gelenkbus auf rund 800.000 Euro. Der Freistaat Bayern übernimmt rund 60 Prozent der Mehrkosten, die im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug entstehen.

Strom vom Hallendach

Für Spangler sind die neuen Fahrzeuge nur ein erster Schritt. Er will die Busflotte im Lauf der Zeit größtenteils auf Elektromobilität umstellen. Dazu wird auch die Ladeinfrastruktur ausgebaut: Den Strom für die 9 firmeneigenen Ladesäulen soll künftig eine Photovoltaikanlage liefern, die auf den Hallendächern der Firma installiert wird.

In noch größerem Maßstab geht die Stadtwerke München GmbH vor. Sie plant, den öffentlichen Busverkehr bis 2035 komplett zu elektrifizieren. Mittlerweile sind 47 E-Busse in Betrieb, weitere 71 wurden bereits bestellt.

Zuschüsse für vollelektrische Taxis

Damit im Taxigewerbe die Verkehrswende ebenfalls an Fahrt gewinnt, hat die Landeshauptstadt München ein neues Förderprogramm auf den Weg gebracht: Für 400 neue vollelektrische Taxis sind Zuschüsse von jeweils 10.000 Euro vorgesehen. Unternehmen können die Anträge seit 1. Januar 2024 auf dem Förderportal der Stadt stellen. Für die ersten 100 Anträge gibt es zusätzlich 1.000 Euro je Fahrzeug als eine Art Sonderbonus. Für jedes bezuschusste E-Taxi sind eine Betriebsdauer von 3 Jahren sowie eine Laufleistung von mindestens 30.000 „Besetzt“-Kilometern nachzuweisen.

„Das Förderprogramm ist super, um die Mehrkosten zu einem gleichwertigen Verbrenner teilweise zu kompensieren. Auch wir werden dieses Programm nutzen, um unsere Flotte weiter zu elektrifizieren“, freut sich Gregor Beiner (36), Geschäftsführer des mtz – münchner taxi zentrum, das insgesamt 70 Taxis betreibt. Darunter sind bereits 17 Elektroautos mit 3 rollstuhlgerechten Taxi-Bussen.

E-Sattelzüge transportieren Neuwagen

Im Transport- und Logistikbereich wächst die Zahl der E-Fahrzeuge ebenso. Die ARS Altmann AG in Wolnzach hat zum Beispiel seit vergangenem Jahr 2 vollelektrische Sattelzüge im Einsatz. Die Firma ist auf Fertigfahrzeuglogistik spezialisiert: Von den Autoherstellern kommen zunächst die Neuwagen auf der Schiene zu den ARS-Stützpunkten. Dort übernimmt der oberbayerische Dienstleister den finalen Service für die Fahrzeuge – von der Übergabeinspektion bis hin zur Montage von zusätzlichen Geräten oder Sondereinbauten.

Für die Strecken zwischen den Niederlassungen und den Autohändlern oder -vermietern kommen in der Regel Sattelzugmaschinen mit Dieselantrieb zum Einsatz. Die E-Sattelzüge werden eingesetzt, um Neuwagen von Wolnzach an ihre Zielorte in der Region zu transportieren.

Aufladen beim Be- und Entladen

Ebenfalls 2 vollelektrisch angetriebene Sattelzüge hat die Münchner Augustiner-Brauerei im November 2023 in Betrieb genommen. Sie sind zwischen der Brauerei in der Münchner Innenstadt und dem rund 20 Kilometer entfernten Logistikzentrum in Freiham unterwegs. Gefahren wird 5 Tage pro Woche rund um die Uhr. Das funktioniert, weil die Batterien, die je Lkw über eine Kapazität von 450 Kilowattstunden verfügen, beim Be- und Entladen der Getränkepaletten in Freiham aufladen.

Für die E-Sattelzüge hat die Brauerei Zuschüsse aus dem Klima- und Transformationsfonds des Bundes erhalten. Die Förderung umfasst 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber einem vergleichbaren Diesel-Lkw. Das Traditionsunternehmen plant den Ausbau der E-Flotte. „Hierzu werden wir auch in Zukunft Fördermöglichkeiten nutzen“, sagt Peter Scholz (46), Logistikleiter der Augustiner-Bräu Wagner KG in München.

Aufschlag: 200 Euro pro Tonne CO2

Welche Förderung der Klima- und Transformationsfonds künftig konkret leisten kann, ist derzeit allerdings unklar. Nachdem das Bundesverfassungsgericht untersagt hatte, Mittel zur Bewältigung der Coronakrise für die Finanzierung zu verwenden, kündigte die Bundesregierung Mitte Dezember 2023 an, die Fondsmittel zu kürzen. Die Unsicherheit wird manchem Unternehmen die Planung erschweren – zumal der Kostendruck wächst. Seit 1. Dezember 2023 gilt ein CO2-Aufschlag zur Lkw-Maut, er soll den Wechsel zu emissionsfreien Antrieben forcieren. Der Aufschlag liegt bei 200 Euro pro Tonne Kohlendioxid, den Dieseltrucks freisetzen.

Zu wenige Elektro-Trucks am Markt

Korbinian Leitner, Leiter des IHK-Referats Verkehr, hält es für fraglich, ob dadurch die Elektrifizierung der Lkw-Flotten schneller in Fahrt kommt: „Es gibt bisher weder genug Elektro-Lkws am Markt noch eine Ladeinfrastruktur, die sich für solche Fahrzeuge eignet.“ Das Preissignal sei im Grunde zwar richtig, „es kommt aber zum falschen Zeitpunkt“. Die politisch beabsichtigte Lenkungswirkung gehe ins Leere.

Weitere Infos für Unternehmen zur Elektromobilität gibt es auf der IHK-Website

Infrastrukturausbau: mehr Säulen, schneller laden

Damit die E-Verkehrswende erfolgreich sein kann, muss die Zahl der Lademöglichkeiten noch deutlich zulegen. Daran arbeiten bereits einige Unternehmen. Zu ihnen gehört die Münchner Jolt Energy Ltd., die sich den Aufbau einer Schnelllade-Infrastruktur in Großstädten vorgenommen hat.

Das Unternehmen betreibt allein in München 10 Standorte mit jeweils 2 Ladesäulen, die eine Ladeleistung von maximal 350 Kilowatt bereitstellen. Damit lassen sich selbst leistungsstarke Batterien größerer E-Autos binnen wenigen Minuten nachladen, sodass Strecken von 200 Kilometern und mehr zu schaffen sind. Die Ladesäulen verfügen über eigene Pufferbatterien, um die hohen Ladeströme sicherzustellen.
 
„Unsere Schnellladesäulen sind dank der kurzen Ladezeiten gerade auch für den Gewerbeverkehr sehr gut geeignet“, verspricht Rauno Fuchs (50), der als Vice President Government Affairs Kontakte zu staatlichen Institutionen, Stadt- und Kommunalverwaltungen knüpft. „Wir sind auf Städte sowie urbane Räume spezialisiert und bauen Ladepunkte im öffentlichen Raum sowie insbesondere an Tankstellen, bei Supermärkten und Einkaufszentren.“

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