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Schneller und nachhaltiger

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Im Testbetrieb – E-Rikscha und Mikrobus fahren Ziele in der Münchner Altstadt an

Wie gut erreichbar sind Ziele in der Innenstadt? Für Warenlogistik wie für Personenverkehr ist das gleichermaßen ein Thema. Lösungswege zeigen 2 innovative Projekte.

Von Josef Stelzer, IHK-Magazin 10/2024

Peter Blösl, Mitinhaber der Münchner B4B Logistics UG, kommt beim Stückguttransport per Lastenfahrrad gut voran. Seit Sommer 2023 befördern seine elektrisch angetriebenen Fahrradgespanne jeden Tag bis zu 40 Sendungen in der Münchner Innenstadt. Dadurch machen sie rechnerisch etwa 2 beladene Diesel-7,5-Tonnen-Lkws überflüssig, die nun nicht mehr im Stadtzentrum unterwegs sind.

Fast lautlos und emissionsfrei fahren die schmalen E-Lastenräder durch die Münchner Innenstadt – ohne die engen Straßen zu verstopfen und das Verkehrsgeschehen zu behindern. Das heißt: weniger Lkw-Verkehr, weniger Lärm, reduzierte Kohlendioxidemissionen, weniger Parken in 2. Reihe zum Be- und Entladen und damit weniger Staus aufgrund versperrter Straßen.

Radlogistik-Hub für E-Gespanne

„Gute Erreichbarkeit ist ein zentraler Faktor für die Anziehungskraft der Innenstadt“, sagt Joseph Seybold, Mobilitätsexperte bei der IHK für München und Oberbayern. Nachhaltige Logistikdienstleistungen wie die E-Lastenräder tragen dazu genauso bei wie eine nachhaltige Personenbeförderung. Sie helfen, den Verkehr zum Fließen zu bringen, die Mobilität zu verbessern – und damit letztlich die City für Kunden und Unternehmen attraktiver zu machen.

Für den Wirtschaftsverkehr per Lastenfahrräder stellt der Radlogistik-Hub am Viehhof in der Münchner Isarvorstadt eine Drehscheibe dar. Er wurde im Sommer 2023 unter Federführung des Mobilitätsreferats der Landeshauptstadt München ins Leben gerufen. Die E-Gespanne nutzen ihn zum Be- und Entladen sowie bei Bedarf zum Batteriewechsel. Mit Anhängern transportieren Dienstleister von dort Kurier-, Express- und Paket- (KEP-)Sendungen und Stückgut mit einem Zuladungsgewicht von bis zu 550 Kilogramm, davon 400 Kilogramm auf dem Trailer.

IHK als Ansprechpartner

Das Radlogistik-Projekt ist auf weiteres Wachstum ausgerichtet. Weil die Betriebsfläche von einigen Hundert Quadratmetern im Viehhof-Hub nicht mehr ausreicht, sollen perspektivisch größere Flächen zur Verfügung stehen. Die IHK ist im ständigen Austausch mit der Landeshauptstadt, um potenzielle Flächen ausfindig zu machen. Erste Ideen gibt es bereits. Für 1.000 Quadratmeter nahe dem Großmarkt wird aktuell ein Mieter gesucht – interessierte Unternehmer können sich bei der IHK melden.

B4B-Logistics-Chef Blösl lobt das Zusammenspiel mit der IHK für München und Oberbayern bei der Suche nach Hallenflächen. „Die IHK-Kontakte sind sehr hilfreich.“ Seine Zwischenbilanz zum Radlogistik-Hub ist positiv: „Wir haben reges Interesse von allen Seiten festgestellt, mittlerweile strahlt der Hub weit über München hinaus.“

Mit E-Lkws direkt zum Hub

Logistikexperte Blösl setzt auch für Lkw-Transporte auf Nachhaltigkeit. So erfolgen die täglichen Lieferfahrten aus dem Logistikzentrum des Transportunternehmens Dachser SE im Münchner Osten zum Radlogistik-Hub mit elektrisch angetriebenen Lkws. Künftig wird B4B die Transporte in Eigenregie durchführen und hierzu 2 E-Lkws von Dachser übernehmen. Die Zukunftsvision des Unternehmers: „Die Stückguttransporte innerhalb des ganzen Altstadtrings sollten weitgehend auf das nachhaltige Konzept mit elektrischen Lastenfahrrädern und E-Lkws umgestellt werden.“

Testbetrieb in der Altstadt

Um Nachhaltigkeit geht es auch bei dem Projekt AltstadtMobil der Landeshauptstadt München, das Personen die Fortbewegung in der Altstadt erleichtern soll. Im Testbetrieb sind dabei von Ende Juli bis Mitte September 2024 nun 4 E-Rikschas unterwegs, eine weitere ist rollstuhlgerecht. Innerhalb des Altstadtrings befördern sie die Fahrgäste kostenlos, und zwar bis vor die Haustür.

E-Rikscha und E-Mikrobus

Zudem fahren bis 18. Oktober 2024 4 E-Mikrobusse mit 6 Sitzplätzen von Mittwoch bis Samstag zwischen 8 und 22 Uhr, nach Möglichkeit im 10-Minuten-Takt, auf einer Ringlinie zwischen Marienplatz, Frauenkirche, Sendlinger Tor, Rindermarkt, Tal und Isartor. Auch dieser Service ist kostenlos.

IHK-Impulspapier: Für eine Altstadt mit Zukunft

Wie lässt sich die Attraktivität der Innenstadt stärken? Der IHK-Regionalausschuss der Landeshauptstadt München hat dazu ein Impulspapier mit zahlreichen Empfehlungen entwickelt. Zu Verkehr und Mobilität schlägt es unter anderem vor:

  • Verkehr und Mobilität vernetzen, bedarfsorientiert gestalten
  • Funktionierenden Wirtschaftsverkehr ermöglichen, beispielsweise das Befahren von Fußgängerzonen für den Lastenfahrrad-Wirtschaftsverkehr
  • Erreichbarkeit für Tagestouristen und Bewohner aus dem Umland über die verschiedenen Verkehrswege einschließlich ÖPNV und Individualverkehr sicherstellen
  • Angebote für ÖPNV, Taxi und alternative Mobilität erweitern

Das gesamte Impulspapier gibt es zum Download.

Alternativen für Fußgänger

„Das Projekt AltstadtMobil dient im Wesentlichen der besseren Erreichbarkeit der Münchner Altstadt und soll insbesondere Menschen ansprechen, die Schwierigkeiten mit den gegebenenfalls längeren Fußwegen dort haben“, erklärt Ingo Wortmann. Er ist Geschäftsführer der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH (MVG), die die Fahrzeuge betreibt. „Die einfachere Erreichbarkeit der Geschäfte in der Altstadt für alle Menschen sollte auch den Gewerbetreibenden zugutekommen.“

Image profitiert

Davon ist auch Sonja Rube, Geschäftsführerin der Münchner USP Projekte GmbH, überzeugt. Ihr Unternehmen entwickelt bundesweit nachhaltige Verkehrskonzepte und ist auch am AltstadtMobil-Projekt beteiligt.

„Man hört von vielen Seiten Positives über den Einsatz der E-Rikschas und Mikrobusse, die insgesamt die Attraktivität der Altstadt für Unternehmen, Kunden oder Gäste gewiss steigern werden“, sagt die Stadtplanerin. „Solche Projekte tragen zum positiven Image einer Großstadt bei, positionieren sie als innovativ und nachhaltig.“

DIHK-Leitfaden zur E-Mobilität für Betriebe

Was sollten Unternehmen beachten, die ihren Fuhrpark auf E-Fahrzeuge umstellen wollen? Der DIHK-Leitfaden „Betriebliche Elektromobilität“ behandelt ausführlich verschiedene Anwendungsfälle, ihre rechtlichen Rahmenbedingungen und Umsetzungsmöglichkeiten.

So informiert er zum Beispiel, welche Aspekte zu berücksichtigen sind, wenn Unternehmen den Ladestrom kostenfrei an Mitarbeitende abgeben wollen. Weitere Anwendungsfälle behandeln das „Auftanken“ von Dienstwagen in der heimischen Garage beziehungsweise an öffentlichen Ladesäulen, den Verkauf von Ladestrom an Externe oder den Umgang mit eigenerzeugtem Strom. Der Leitfaden ist online abrufbar.

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