Mobilität | Standortpolitik

Logistik mit Zukunft

LHM MOR/Dobner Angermann ©
Auch für größere Lieferungen geeignet – Fahrradtrailer beim Beladen am Hub

Können Lastenfahrräder den Wirtschaftsverkehr in der Münchner City spürbar entlasten? Ein Pilotprojekt erprobt dies in der Praxis – was gut läuft und wo es Verbesserungsbedarf gibt.

Von Josef Stelzer, IHK-Magazin 01-02/2025

Als im August 2023 der Radlogistik-Hub am Münchner Viehhof im Stadtteil Isarvorstadt an den Start ging, waren die Vorgaben klar. Die elektrisch angetriebenen Lastenfahrräder transportieren vom Hub aus Pakete und andere Güter auf der letzten Meile bis zum Kunden und machen so die Logistik in der Innenstadt umweltverträglicher und sicherer. Das heißt: weniger CO2-Emissionen durch den reduzierten Transporter- und Lkw-Verkehr, weniger Verkehrslärm, weniger Staus, weniger Unfälle.
 
Dazu wurde das Verteilzentrum mit einer Fläche von rund 300 Quadratmetern für den Güterumschlag und einigen 20-Fuß-Containern eingerichtet. Es dient zum Entladen der per Transporter angelieferten Güter, als Zwischenlager, zum Beladen der Cargo-Bikes, nachts zum Abstellen der Lastenräder in den Containern sowie für den Batteriewechsel. Eine wirkliche Lagerung von Gütern erfolgt dort nicht.

Vom Hub aus bringen die Lastenfahrräder die Waren in einem Umkreis von einigen Kilometern zu Gewerbe- und Handwerksbetrieben, aber auch zu Baustellen oder Privathaushalten. Das Pilotprojekt wird im Rahmen der strategischen Allianz „Mobile Zukunft München“ (MZM) von der IHK für München und Oberbayern unterstützt und vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr finanziell gefördert.

Zwischenfazit: Deutlich weniger KEP-Verkehr

„Die ersten Monate haben gezeigt, dass die Integration unterschiedlicher Geschäftsmodelle und Segmente mit Stückgut, Paletten, Paketlieferungen, Baustellen- sowie Handwerkerlogistik am Viehhof gelungen ist“, zieht Münchens Mobilitätsreferent Georg Dunkel (51) ein positives Zwischenfazit. So haben sich im Umkreis des Viehhof-Standorts die mit üblichen Transportfahrzeugen durchgeführten KEP-Verkehre, also die Fahrten der Kurier-, Express- und Paketdienste, insgesamt deutlich verringert.

Die Anzahl der Touren ging nach Untersuchungen des Mobilitätsreferats in einem Zeitraum von 9 Monaten um 2.300 zurück. Dabei wurden 27.000 Fahrzeugkilometer eingespart – das entspricht einer Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen von rund 8 Tonnen in CO2-Äquivalenten. Die elektrisch angetriebenen Lastenfahrräder entlasten also den Verkehr und gestalten Gütertransporte klimaschonender als  herkömmliche Lieferfahrzeuge.

Mehrmals täglich kommen Güter, Paletten und Pakete mit Lieferfahrzeugen direkt zum Hub. Von dort transportieren die Lastenradlogistiker die Sendungen zu den Empfängern in der Umgebung, vor allem in die umliegenden Stadtteile Schwanthalerhöhe, Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, südliche Altstadt und Sendling. Das entspricht einer Gesamtfläche von rund 8,4 Quadratkilometern. Die Belieferung von Baustellen etwa mit Baumaterial oder Werkzeugen erfolgt auch in einem weiteren Umfeld.

5.500 Touren, 280.000 Sendungen in 9 Monaten

Für den Transport auf der letzten Meile sorgen vom Hub aus die Logistikunternehmen B4B Logistics UG, CityLog GmbH, INTERKEP GmbH sowie UPS. Die Lastenfahrräder und Fahrradgespanne transportieren ein Zuladungsgewicht von bis zu 400 Kilogramm. Als Hub-Betreiber fungiert die städtische Park & Ride GmbH.

Die Betriebsfläche soll zunächst bis Ende 2026 zur Verfügung stehen. Insgesamt wurden in den ersten 9 Monaten des Hub-Projekts rund 5.500 Lastenradtouren durchgeführt und etwa 280.000 Sendungen zugestellt. Eine Tour dauert im Durchschnitt etwa 1 Stunde.

Der Hub als Showroom

Im laufenden Betrieb zeigt sich mittlerweile auch, wo sich das Konzept noch verbessern lässt. So erweisen sich die Container, die am Viehhof auf einer Kiesfläche aufgestellt sind, für die weitere Skalierung als ungeeignet. Zudem ist die Fläche von 300 Quadratmetern recht knapp bemessen. Vor diesem Hintergrund sollen künftig gerade für Firmen mit hohem Transportvolumen zusätzliche Flächen in einer Lagerhalle zur Verfügung stehen. Damit lassen sich besonders während der Stoßzeiten etwaige „Platzkonflikte“ beim Güterumschlag vermeiden.

Bewährt hat sich der Hub ebenso als eine Art Showroom. „Lösungen werden greifbarer, die Beteiligten können sich vernetzen“, sagt Mobilitätsexperte Dunkel. Auch in der Öffentlichkeit sei die Radlogistik positiv wahrgenommen worden, zumal sich alle Beteiligten um eine gute Außenwirkung bemühten.

30 Prozent des Wirtschaftsverkehrs verlagern

Letztlich soll das Projekt Vorbild sein. „Ideal für die großflächige Bedienung des Lieferverkehrs per Fahrradlogistik wären 4 bis 5 weitere Standorte entlang des Mittleren Rings oder zentraler“, ist Dunkel überzeugt. An den künftigen Hubs soll allerdings deutlich mehr Platz verfügbar sein: für den Güterumschlag ebenso wie zur Lagerung der Lastenräder, etwa nachts oder an Sonn- und Feiertagen, für Sozialräume, Wetterschutz, für Servicebetriebe und Laderampen, die sich für den betrieblichen Einsatz eignen.

Mobilitätsreferent Dunkel bringt das langfristige Ziel auf den Punkt: „Wir wollen bis zu 30 Prozent des gesamten Wirtschaftsverkehrs innerhalb der Stadt auf Lastenräder verlagern, einschließlich der Stückguttransporte und weiterer Lieferverkehre.“

IHK-Info: Fahrradlogistik bundesweit
  • Ist-Stand: Lastenfahrräder tragen auch bundesweit zum Klimaschutz bei. Nach Angaben des Radlogistikverbands Deutschland wurden 2023 insgesamt bereits rund 8 Millionen Kilometer mit gewerblichen Lastenfahrrädern zurückgelegt – Tendenz steigend. Die CO2-Einsparungen beliefen sich gegenüber herkömmlichen dieselbetriebenen Transportern auf rund 2.100 Tonnen.
     
  • Prognose: Die vom Branchenverband befragten Radlogistikdienstleister, zumeist Kleinunternehmen, erwarten ein künftiges Umsatzwachstum von durchschnittlich etwa 10 Prozent jährlich. Die Mehrzahl agiert überwiegend regional, viele sind als Subunternehmer tätig.
     
  • Umfassende Informationen auf der IHK-Website zu „Lastenräder im Wirtschaftsverkehr“.

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