Weihnachtsgeschäft mit Virus

Corona hat die Einkaufsgewohnheiten verändert, auch im Weihnachtsgeschäft. Worauf es im Pandemiejahr 2020 ankommt.
Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 11/20
Ob es auch in den kommenden Adventswochen wieder übervolle Fußgängerzonen und Weihnachtsmärkte geben wird? Lassen sich die Kunden in der Vorweihnachtszeit 2020 auf Wartezeiten vor den Geschäften und an den Kassen ein? Oder bestellen sie auch beim Weihnachtsshopping 2020 vermehrt online? Dieses Jahr geht der Handel mit vielen Fragen in die umsatzstärksten Wochen des Jahres. Schließlich haben Lockdown, Maskenpflicht und die Angst vor Ansteckung das Konsumverhalten der Deutschen verändert.
Krisengewinner E-Commerce
Eindeutiger Krisengewinner ist der E-Commerce: Im zweiten Quartal 2020 stiegen die Umsätze im ohnehin schon wachsenden Onlinehandel laut Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) überproportional stark. In der Coronakrise haben 44 Prozent der Bevölkerung erstmals Produkte im Internet bestellt, die sie vorher nur stationär gekauft hatten, so die Studie »Retail of the Future« von IFH Köln und Capgemini.
»Grundsätzlich haben die sogenannten Onlineneulinge die Vorteile dieses Kanals, allen voran die hohe Bequemlichkeit, ganz unabhängig von den coronaspezifischen Vorteilen, wie etwa der nicht vorhandenen Ansteckungsgefahr, zu schätzen gelernt«, sagt Jens-Peter Gödde (33), Senior Project Manager beim Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IFH Köln. Es sei daher eher unwahrscheinlich, dass sie wieder in alte Verhaltensweisen beim Einkaufen zurückfallen. »Hier sind also kategorieübergreifend tiefgreifende und dauerhafte Marktveränderungen zu erwarten.«
Cross-Channel-Konzepte
Die IFH-Studie empfiehlt dem stationären Handel daher Cross-Channel-Konzepte, also das Verkaufen auf mehreren Kanälen, insbesondere auch auf Onlinemarktplätzen. Bereits vor Corona hat das IFH Köln in einer Studie mit Otto und ECE »Connected Commerce«, die Verknüpfung von stationären Geschäften mit Onlinemarktplätzen, untersucht – auch unter dem Aspekt, den Shoppingstress vor Weihnachten zu reduzieren. Diesen Ansatz fanden von den jüngeren Befragten 88 Prozent interessant.
Reservierung vor Ort: ideal für Last-Minute-Käufer
»Für klassische mittelständische Händler sind nicht zuletzt regionale Internetmarktplätze ein geeigneter zusätzlicher Absatzkanal«, sagt Carla Kirmis, Referentin Handel und E-Commerce bei der IHK für München und Oberbayern. In der Regel bieten sie den Nutzern die Möglichkeit, bestellte oder reservierte Produkte im Laden abzuholen – ideal für Last-Minute-Käufer. Die dürften es auch zu schätzen wissen, wenn sie sich Geschenke aus dem Laden direkt nach Hause liefern lassen können. »Doch auch Händler ohne Internetverkauf sollten ihr Unternehmen, ihr Sortiment sowie aktuelle Weihnachtsangebote und -aktionen online präsentieren«, betont Kirmis. »Schließlich wird mittlerweile knapp die Hälfte der stationären Käufe durch eine Onlinerecherche vorbereitet.« Dass Kunden auch über soziale Medien zum Besuch des Ladens motiviert werden können, betont Social-Media-Experte Josef Rankl (57) von EMarCon. Je nach Sortimentsschwerpunkt sind dafür Facebook, Instagram oder Pinterest sowie bei jüngeren Zielgruppen Snapchat und TikTok geeignet. »Über Facebook und Instagram ist zudem direkt in den Bildern der Postings eine Verlinkung auf den Onlineshop möglich«, sagt Rankl. »Bei Pinterest steckt hinter jedem Post ein Originallink zur Quelle. Und das kann ein Webshop, aber auch nur eine Website sein.«
Darüber hinaus empfiehlt er lokalen Händlern nicht nur zur Weihnachtszeit Facebookund Instagram-Anzeigen, bei denen die Zielgruppe sowie die regionale Verteilung exakt eingegrenzt werden können. »Bei älteren Zielgruppen sind E-Mail-Newsletter nach wie vor sehr erfolgreich«, weiß Rankl. »Wichtige Voraussetzungen dafür sind ein gut gepflegter Verteiler und natürlich die Zustimmung der Kunden.«
Regionalität als Trumpf
Bei vorweihnachtlichen Promotions und Werbeaktivitäten sollten Händler dieses Jahr verstärkt lokale und regionale Aspekte betonen. Denn die Pandemie ließ eine ganz neue Wertschätzung für heimische Produkte und Unternehmen entstehen – zumindest bei den Nutzern der Onlineplattform utopia.de, die eine nachhaltige Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft fördern will. Ein weiteres relevantes Thema für Werbung in der Adventszeit sind neue Produkte. In der »Facebook Seasonal Holidays Study« gaben weltweit 64 Prozent der Weihnachtsshopper an, dass sie in der Weihnachtszeit mehr neue Produkte ausprobieren als während des restlichen Jahres. Onlinehändler sollten spätestens jetzt dafür sorgen, dass ihr Shop mobil optimiert ist, ihr Angebot also auch auf Smartphones gut dargestellt wird und der Einkauf reibungslos funktioniert. In Deutschland ordert bereits mehr als die Hälfte der Onlinekäufer per Smartphone.
Mobile Commerce: technisch anstrengend
Vier von fünf Weihnachtseinkäufern weltweit hatten jedoch laut Facebook-Studie mit Problemen beim Mobile Commerce zu kämpfen: Sie klagten über zu kleine Schriftgrößen, unscharfe Bilder, Inhalte, die nicht vollständig auf dem Bildschirm angezeigt wurden, Probleme beim Ausfüllen von Textfeldern und zu lange Ladezeiten. Zwar befürchten nur wenige deutsche Verbraucher, dass Corona große bis sehr große Auswirkungen auf ihre Finanzen haben wird – im April dachten das 25 Prozent, weltweit waren es mit 43 Prozent deutlich mehr.
Dennoch ist zweifelhaft, ob das Durchschnittsbudget für Weihnachtsgeschenke von 281 Euro 2019 weiter steigen wird. Ein weiteres interessantes Ergebnis der Facebook-Studie: 2019 wartete ein Viertel der Konsumenten aus Deutschland vor dem Kauf eines Produkts auf Promotions, Aktionen und Rabatte.