Standortpolitik

Wir geben alles

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Videobotschaft für die Vollversammlung – Bayerns Ministerpräsident Markus Söder

In der Vollversammlung steht die Großaufgabe Überbrückungshilfe im Mittelpunkt – Ministerpräsident Markus Söder dankt der IHK für die erfolgreiche Arbeit.

Martin Armbruster, Ausgabe 01/21

IHK-Präsident Eberhard Sasse sprach von einem Jahr, wie er es noch nie erlebt habe. Es war auch ein Jahr, in dem die Bayerische Staatsregierung so stark wie nie zuvor auf die IHK gebaut hat. Das machte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) per Videobotschaft deutlich. Er bedankte sich für die »großartige Arbeit« der IHK bei der Überbrückungshilfe und stimmte zugleich auf harte Winterwochen ein. Umso wichtiger sei es, erklärte Söder, dass die Bundeshilfen die betroffenen Unternehmen und Branchen schnell erreichten. Dank der Professionalität und Effektivität der IHK laufe das in Bayern besser als in allen anderen Bundesländern.

100 Vollzeitstellen im Einsatz für die Überbrückungshilfe

Welchen Kraftakt das für die IHK bedeutet, erläuterte IHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. Man sei quasi über Nacht zu Deutschlands größter Bewilligungsstelle geworden, habe zusammengerechnet 100 Vollzeitstellen für die Überbrückungshilfe im Einsatz. Die Nothilfe für Unternehmen habe in den kommenden Wochen Vorrang. »Wir geben alles«, versicherte Gößl.
Das belegte er mit Zahlen. Demnach ist die ÜberbrückungshilfeI bis auf Einzelfälle abgeschlossen. Dafür hat die IHK für ganz Bayern knapp 21000 Anträge bearbeitet und in Summe gut 272 Millionen Euro an Zuschüssen ausbezahlt. Und das ist erst der Anfang. Im November hat die IHK mit der Arbeit für die ÜberbrückungshilfeII begonnen, die dritte Phase soll sich dann von Januar bis Juni 2021 anschließen.

Haftungsrisiko ausgeschlossen

Mit jeder neuen Förderphase erhöhten sich Antragszahlen und Fördersummen. Vollversammlungsmitglied Reinhold Krämmel äußerte hier Bedenken wegen möglicher Haftungsrisiken. Florian Horn, IHK-Bereichsleiter Zentrale Aufgaben, erklärte, man habe die Verwaltungsvereinbarung und den Bearbeitungsprozess der Förderanträge so gestaltet, dass ein Haftungsrisiko für die IHK ausgeschlossen sei.

Vorfiltern macht Antragsprozess effizienter

IHK-Hauptgeschäftsführer Gößl erinnerte das Plenum an das Chaos, das zu Beginn der Soforthilfe entstanden ist. Es sei daher von der Bundesregierung richtig gewesen, die Steuerberater mit ins Boot zu holen. Die Vorteile sind für Gößl klar: Die Steuerberater filtern die Anträge vor, verfügen über viel Sachverstand, machen den Antragsprozess effizienter. »Die Zusammenarbeit läuft super«, betonte er. Das Problem bestehe nun in der Überlastung der Steuerkanzleien. Vollversammlungsmitglied Peter Lingg bestätigte das. Lingg schlug ebenso wie Gößl vor, man müsse den Steuerberatern erlauben, die Steuererklärungen einige Wochen später als üblich abzugeben.

Weil die nötige Software noch fehlt, kann die IHK erst Mitte Januar mit der Bearbeitung der Anträge für die Novemberhilfe starten. Momentan werden Abschlagszahlungen direkt aus der Bundeskasse ohne jede Prüfung an Betriebe überwiesen.

Ausgeglichener IHK-Haushalt

Ein weiterer wichtiger Punkt war der IHK-Haushalt. Die Vollversammlung verabschiedete die Nachtragswirtschaftsplanung 2020 und die Wirtschaftsplanung 2021. IHK-Vizepräsident Klaus Lutz bemerkte, das IHK-Hauptamt habe sofort mit Sparmaßnahmen auf die Krise reagiert. Für 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, das sei eine beachtliche Leistung.

»Belastungsmoratorium«

Mit der Politik beschäftigte sich die Vollversammlung ebenfalls. Mit dem Schlagwort »Belastungsmoratorium« gab Gößl dafür die Marschrichtung vor. Es gelte, alles zu vermeiden, was für Unternehmen mehr Kosten und Aufwand bedeutet. Unter diesem Vorzeichen diskutierte das Plenum über das Sorgfaltspflichtengesetz. Gerti Oswald, CSR-Verantwortliche der IHK, erklärte, mit diesem Vorhaben wollten die Bundesminister Hubertus Heil (SPD) und Gerd Müller (CSU) Kinderarbeit, Hungerlöhne und Umweltzerstörung in der globalen Wirtschaft verhindern. Oswald betonte, Bayerns Wirtschaft stehe hinter diesen Zielen. Strittig sei nur, ob es dafür ein neues Bundesgesetz brauche.

Vollversammlungsmitglied Florian Schardt sagte, an das Prinzip Freiwilligkeit glaube niemand mehr. Gut 60 große deutsche Unternehmen forderten deshalb ein Gesetz, 75 Prozent der Bundesbürger seien dafür. Die IHK müsse bei dieser Debatte »anschlussfähig« bleiben.

Gegen gesetzliche Regulierung und mehr Bürokratie für den Mittelstand

Die Vollversammlung verabschiedete mit großer Mehrheit eine Position, die sich gegen eine gesetzliche Regulierung und zusätzliche Bürokratie für den Mittelstand ausspricht.
Schließlich blickte Ministerpräsident Söder nach vorne – in die Nach-Corona-Zeit und Richtung Bundestagswahl. Er forderte ein »Aufschwungprogramm« und das, was im Plenum jeder gerne hörte: die Ausweitung des Verlustrücktrags und die Senkung der Steuerlast der Unternehmer.
Einstimmig verabschiedete das Plenum die Aktualisierung der wirtschaftspolitischen Positionen der IHK-Organisation. Der stellververtretende IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Kammerer sagte, auf dieser Grundlage sei die IHK-Organisation in München und Berlin sprechfähig.

»Uns wird die Arbeit sicher nicht ausgehen«

Vollversammlungsmitglied Sabine Vöhringer stellte eine der Schlüsselfragen, die 2021 von der Politik beantwortet werden müssen: »Der Staat gibt jetzt unfassbar viel Geld aus. Aber wie soll das Geld wieder reinkommen?« Gößl betonte, nur Wachstum könne alle heutigen Probleme lösen. Jede Form der Steuerverschärfung sei daher tunlichst zu vermeiden.

»Uns wird die Arbeit sicher nicht ausgehen« – mit diesen Worten fasste Präsident Sasse die Sitzung zusammen. Das Beispiel Großbritannien zeige, wie wachsam man gegenüber der Politik bleiben müsse. Dort, so Sasse, habe Premier Boris Johnson den Unternehmen eine Steuersenkung versprochen – aber gleichzeitig denke man schon über eine Vermögensabgabe nach.

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