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»Wir sind so unabhängig wie möglich.«

Marion Vogel ©
Stolz auf seine Produkte – Firmenchef Oliver Heine mit einem Dermatoskop seines Unternehmens

Die Primärdiagnostik-Instrumente der HEINE Optotechnik sind weltweit für ihre Qualität bekannt. Oliver Heine führt den Hidden Champion aus Gilching in dritter Generation und baut die Marktführerschaft weiter aus.

Harriet Austen, Ausgabe 07/20

Dass Oliver Heine jetzt Geschäftsführer und Alleininhaber der HEINE Optotechnik GmbH & Co. KG ist, verdankt er einem klugen Angebot seines Großvaters, der die Firma 1946 gegründet hat. Heine, in Kanada aufgewachsen, unternahm mit 18 Jahren eine Europareise. Als ihm das Geld ausging, besuchte er seinen Großvater. Der schlug ihm kurzerhand vor, in der Firma gegen Bezahlung zu arbeiten. Der junge Mann akzeptierte und lernte in acht Monaten nicht nur sämtliche Abteilungen kennen, sondern erlebte auch, »dass Familienunternehmen etwas ganz Besonderes sind«, so Heine. Ihn beeindruckten das Zugehörigkeitsgefühl und die Identifikation der Mitarbeiter mit der Firma. »Das würde ich gerne beruflich machen«, dachte er danach.

Leiter der Niederlassung in den USA

Deshalb stimmte er auch sofort zu, als ihm sein Vater Helmut M. Heine, der mittlerweile die Geschäfte übernommen hatte, 1991 anbot, eine Niederlassung in den USA zu gründen. Dem Junior, einem studierten Betriebswirt, war nur eines wichtig: »Nie einem anderen einen Job wegnehmen« – was ja in diesem Fall gut klappte. Den Hang zum Business brachte er mit. Schon als Schüler und Student hatte er bei Rennen Skier aufbereitet und Bewässerungsanlagen verkauft. »Ich bin der geborene Verkäufer«, sagt Heine lachend, Marketing und Vertrieb hätten ihn schon immer fasziniert.

Für diesen Bereich in der Geschäftsführung war er auch zuständig, als er 2003 nach Deutschland zurückkehrte: »Ich empfand als dritte Generation Verantwortung für die Firma. Außerdem winkte mir eine spannende unternehmerische Aufgabe.« HEINE Optotechnik stellt handgehaltene medizinische Instrumente zur Primärdiagnostik her. Dazu zählen Untersuchungsgeräte für Ohren-, Augen- oder Hautärzte. »Unsere Geräte erlauben eine frühestmögliche Diagnose und können Leben retten. Sie werden weltweit in den Arztpraxen genutzt«, sagt Heine.

Innerdeutsche Fertigung: Vorteil in Coronakrise

Der Exportanteil beträgt 85 Prozent, geliefert wird in 120 Länder. Die Fertigung liegt zu 100 Prozent in Deutschland, 90 Prozent der Zulieferteile stammen aus heimischer Produktion – in Zeiten von Corona ein großer Vorteil. »Wir sind so unabhängig wie möglich«, sagt der Geschäftsführer, die Lieferbedingungen seien trotzdem derzeit schwierig.

Prinzipientreu, damals wie heute

Dass so viele Produktionsschritte im eigenen Haus stattfinden, ist ein Grund für die hohen und weltweit anerkannten Qualitätsstandards. Heine betont immer wieder, wie sehr er die Leistungen des Vaters und Großvaters bewundere, die Grundlage sind für das erfolgreiche Geschäftsmodell und die Marktführerschaft des mittelständischen Familienunternehmens. An den Gründungsprinzipien wie Top-Qualität, Eigenfertigung und Unabhängigkeit orientiert sich HEINE Optotechnik noch heute.

Weitreichender Umbau

Für Heine war der Neubeginn in Deutschland zunächst eine große Herausforderung: »Ich war erschlagen von allem, was wir machen, aber auch von allem, was wir ändern müssen.« Ihm sei dabei besonders wichtig gewesen, »unsere Prinzipien und Kompetenzen zu schützen und weiterzuentwickeln, ohne sie im Kern zu verändern«.

Er und sein Vater stießen 2003 einen weitreichenden dreistufigen Strategieprozess an, um gesunde Strukturen zu schaffen, Kernmärkte zu definieren, Geschäftsbereiche zu streichen, hohe Investitionen für Forschung und Entwicklung, Vertrieb, Marketing und Kommunikation in Angriff zu nehmen und die Digitalisierung voranzutreiben. »Wir stecken noch mitten in Phase drei«, sagt Heine. Er ist stolz auf die Marke, »brennt für die Sache« und bezeichnet sich selbst als Perfektionisten.

Insourcing für eigene Entwicklungs- und Fertigungskompetenz

Abgerundet wird der ehrgeizige Veränderungsprozess durch den Umzug der stark gewachsenen Firma nach Gilching. Die fünf Teilwerke in Herrsching und damit die vielen unterschiedlichen Technologien kommen endlich unter ein Dach. »Damit sind für uns erhebliche Synergieeffekte verbunden«, sagt Heine, der für den neuen 14.000 Quadratmeter großen Firmensitz über 35 Millionen Euro investierte. Mit dem Umzug sei ein erheblicher Wettbewerbsvorteil verbunden, sagt Heine. Während die Mehrzahl der Konkurrenz nicht mehr selbst produziere, »setzen wir seit Jahren auf Insourcing, um die Entwicklungs- und Fertigungskompetenz im eigenen Haus zu behalten«, erklärt der 53-Jährige. Das sichere die hohe Qualität und damit Vorsprung und Marktführerschaft.

Vergangenes Jahr stellte der Inhaber von HEINE Optotechnik noch zwei Geschäftsführer zu seiner Entlastung ein. »Ich konzentriere mich jetzt auf die strategische Weiterentwicklung der Firma«, hat sich der Unternehmer vorgenommen.

Zur Person

Oliver Heine, 1966 in München geboren, lebte, studierte und arbeitete 16 Jahre lang in Kanada und dann zwölf Jahre in den USA, bevor er 2003 beim Familienunternehmen HEINE Optotechnik in Herrsching startete. In der Geschäftsführung, die er sich anfangs mit Vater Helmut M. Heine teilte, war er zuständig für Vertrieb und Marketing.

2006 stieg der Vater aus, seit 2014 ist Oliver Heine Alleininhaber. Die Firma ist mit 550
Mitarbeitern einer der weltweit führenden Hersteller von Primärdiagnostik-Instrumenten und gerade an einen größeren Standort in Gilching umgezogen. Heine ist Vater von drei Kindern.

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