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Schutz der Umwelt – EMAS unterstützt Firmen

Das Umweltmanagementsystem EMAS unterstützt Betriebe bei umfassenden ökologischen Konzepten. Drei Firmen berichten über ihre Vorteile dadurch.

Eva Müller-Tauber, Ausgabe 12/20

Unternehmen wollen heute mehr denn je nachhaltig handeln und wirtschaften. Dazu gehört auch, betriebliche Prozesse möglichst umweltgerecht zu gestalten. Auf diesem Weg hilft seit 25 Jahren das europäische Umweltmanagementsystem EMAS (Eco-Management and Audit Scheme). Das freiwillige europäische und weltweit anerkannte Managementsystem unterstützt Unternehmen dabei, Umweltschutz als ganzheitliches Konzept im Betrieb zu etablieren.

»EMAS-geprüfte Organisationen leisten einen wirksamen Beitrag zum Schutz der Umwelt, zeigen gesellschaftliche Verantwortung und sparen Kosten«, sagt Natalie Tomlinson-Kurz, IHK-Referentin Umweltmanagement und CSR/Ehrbarer Kaufmann. »EMAS ist ein gutes Werkzeug, um eine nachhaltige Entwicklung sowohl in großen als auch in kleinen Firmen voranzutreiben.« Wie EMAS eingeführt wird und welche Vorteile es bringt, zeigen hier drei ganz unterschiedliche Unternehmen.

Stöger Automation GmbH, Königsdorf:

»Wir wollen unserer ökologischen Verantwortung gerecht werden«

Die 1987 gegründete Stöger Automation in Königsdorf wurde gerade als erstes produzierendes Unternehmen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen EMAS-zertifiziert. »Wir waren auf der Suche nach einem Umweltmanagementsystem, das unsere Haltung am ehesten widerspiegelt und mit dem wir umfassend unserer ökologischen Verantwortung gerecht werden können«, erläutert Hanns Peter Spaniol, der gemeinsam mit Firmengründer Lorenz Stöger die Geschäfte des 100-Mitarbeiter-Unternehmens führt. »Unsere Wahl fiel auf EMAS, weil es als strengstes Umweltmanagementsystem ganzheitlich ausgerichtet ist, alle Unternehmensprozesse berücksichtigt und sogar andere Programme wie etwa die DIN EN ISO 14001 integriert.«

EMAS stellt sicher, dass jegliche Umweltaspekte vom Energieverbrauch bis hin zu Abfall und Emissionen rechtssicher und transparent umgesetzt werden. Zudem lässt es sich gut in ein ganzheitliches CSR (Corporate Social Responsibility)-Konzept integrieren und ist weltweit anerkannt. »Für ein global agierendes Unternehmen wie unseres, dessen Kunden zu 50 Prozent aus dem Ausland stammen, ein wichtiges Argument«, betont der 54-Jährige.

»Ist das System implementiert, sind die Kosten überschaubar«

Über ein freiwilliges Energieaudit, die Zertifizierungen von Ökoprofit und den Umweltpakt Bayern sowie eine finanzielle Förderung des Bayerischen Landesamts für Umwelt, das den Betrieb auch inhaltlich begleitete, meisterte der Spezialist für Schraub- und Verbindungtechnik die EMAS-Anforderungen. »Ist das System einmal implementiert und eine Struktur geschaffen, dann sind die Kosten überschaubar«, so Spaniol, der die Qualität der EMAS-Unterlagen und -Materialien lobt. »Das System ist sehr ausgereift.«

SOS-Sitzungen: für Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit

Um das Thema stets auf der Agenda zu haben, stellte die Geschäftsführung ein EMAS-Team zusammen, das Umweltschwerpunkte und Ideen aus den einzelnen Abteilungen wie Verwaltung, Fertigung und Lagerhaltung aufgreift und regelmäßig mit der Geschäftsleitung bespricht. »Einmal monatlich schauen wir zudem in unserer SOS-Sitzung – für Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit – unsere Prozesse genau an und überprüfen, was sich mit Blick auf die Umwelt verbessern lässt, um im Zuge dessen Maßnahmen und Ziele festzulegen«, erklärt Spaniol.

Kleinere Dinge werden sofort in Angriff genommen – etwa Bestände an belastenden Betriebsstoffen sowie Verpackungsmüll so weit wie möglich reduziert, die Digitalisierung interner Abläufe vorangetrieben, um Papier zu sparen. Größere Maßnahmen geht das EMASTeam Schritt für Schritt an. So überlegt Stöger, den Beschäftigten E-Bikes zusätzlich zum Gehalt anzubieten, damit diese umweltfreundlich zur Arbeit kommen können. Zudem plant die Firma, als weiteres Fertigungsverfahren 3-D-Druck einzuführen. »Auf diese Weise lassen sich Teile effizienter und mit weniger Material produzieren.«

Ludwig Engelhart, Hallbergmoos:

»Wir heben uns mit unserem ökologischen Konzept von Wettbewerbern ab«

Der Hersteller organischer Düngemittel Ludwig Engelhart führte EMAS bereits vor 23 Jahren ein. »Kunden kommen zu uns, weil wir den Umweltgedanken großschreiben, Produkte auf Basis natürlicher Rohstoffe erzeugen und damit umweltverträgliche Alternativen für Chemieprodukte im Garten bieten«, sagt Firmeninhaberin Nicola Selmayr, die, unterstützt von ihrer Schwester, den Betrieb leitet. »Deshalb wollten wir auch unseren Herstellungsprozess möglichst ökologisch ausrichten und unsere ganzheitliche Philosophie nach außen kenntlich machen.«

Eine ISO-Zertifizierung erschien Selmayrs Mutter Christina, der damaligen Firmeninhaberin, für den Fünf-Mitarbeiter-Betrieb überdimensioniert. Die Firma nahm stattdessen am zu jenem Zeitpunkt weniger umfangreichen Öko-Audit, wie EMAS damals noch hieß, teil. Der Betrieb wurde so zum ersten geprüften Düngemittelhersteller, der nicht nur bei seinen Produkten, sondern im gesamten Betriebsablauf Rücksicht auf die Umwelt nimmt und dies permanent belegt. »Bei EMAS prüfen Gutachter im Rahmen von wiederkehrenden Umweltbetriebsprüfungen objektiv sowie unabhängig, ob und wie die Unternehmen die Vorgaben und ihre Ziele umsetzen, und die Öffentlichkeit kann die Ergebnisse des Audits einsehen«, so Selmayr.

Alle zwei Jahre eine Validierung

Der erste Schritt war aufwendig und kostenintensiv, erinnert sich die 50-Jährige: »Wir mussten uns erst ins Thema einarbeiten, alle Prozesse im Betrieb samt ihren Auswirkungen auf die Umwelt dokumentieren, mögliche Verbesserungspotenziale samt Maßnahmen sowie Ziele generieren.« Zudem steht als kleines und mittleres Unternehmen (KMU) alle zwei Jahre eine Validierung an. »Doch mit der Zeit kommt man immer besser ins Thema rein.« Die Firma verabschiedete sich von Werbegeschenken aus Plastik und reduzierte den Verpackungsmüll. Schrittweise setzt sie das weitgehend papierlose Büro um. Seit 2008 nutzt sie die Abwärme des Pelletiermotors zum Heizen der Produktionshalle.

Kunden honorieren frühe umweltfreundliche Ausrichtung

Mittlerweile sei der Umweltgedanke fest bei allen Mitarbeitern verankert und werde in allen Prozessen und Entscheidungen automatisch berücksichtigt, sagt Selmayr. So werden alle Materialien, Maschinen und Fahrzeuge auf ihre Umweltverträglichkeit hin geprüft. Beispiel Neuanschaffungen: Um Ressourcen zu schonen und Emissionen zu reduzieren, ersetzte die Firma ihren Pick-up durch einen verbrauchsgünstigeren und abgasärmeren Transporter mit Euro-6-Norm; der mit Benzin betriebene Gabelstapler war zuvor einem Elektrostapler gewichen.

2021 will die Firma unter anderem eine naturnahe Fläche mit Blühstreifen schaffen, um die Biodiversität zu unterstützen. »Wir werden auch prüfen, inwieweit wir Strom aus erneuerbaren Energien nutzen können«, so Selmayr. Sie ist sicher, dass die frühe umweltfreundliche Ausrichtung entscheidend dazu beigetragen hat, dass sich der kleine Betrieb langfristig am Markt behauptet: »Wir heben uns mit unserem ganzheitlichen ökologischen Konzept von Wettbewerbern ab, das honorieren unsere Kunden.«

Bergzeit GmbH, Otterfing: »Natur ist die Grundlage unseres Geschäftsmodells«

Dass ganzheitlicher Umweltschutz den Unternehmen auch hilft, Geld zu sparen, ist für Holger Cecco-Stark, Head of Projects & CSR bei Bergzeit in Otterfing, ein Argument für EMAS – aber nicht das ausschlaggebende: »Natürlich darf der wirtschaftliche Aspekt nicht völlig vernachlässigt werden. In erster Linie ist betrieblicher Umweltschutz jedoch ein Investment in die Zukunft, gerade für uns.« Der Händler für Bergsportausrüstung erlangte die EMAS-Zertifizierung in diesem Jahr und sieht sich in einer Vorbildfunktion, die Natur und speziell die Bergwelt zu schützen.

»Schließlich ist sie die Grundlage unseres Geschäftsmodells. Darum hat Nachhaltigkeit bei uns generell einen hohen Stellenwert«, so Cecco-Stark. Seit 2017 gibt es auf höchster Unternehmensebene eine Sustainability Managerin. Anfang 2020 richtete die Geschäftsführung zudem eine CSR-Abteilung ein. Zeitnah ein Umweltmanagementsystem einzuführen, war somit eine logische Folge. »Wir hatten uns davor schon weit über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus für die Umwelt engagiert.

Drei interne Ziele plus nach außen zu sensibilisieren

Jetzt ging es darum, alles zu systematisieren und vor allem nach außen Stellung zu beziehen, zu zeigen, dass auch der Handel seine Verantwortung wahrnehmen muss«, erläutert Cecco-Stark. »Mit den strengen Vorgaben von EMAS können wir unsere Maßnahmen messen und unsere Umweltauswirkung weiter verringern«, sagt der CSR-Manager, der eigentlich lieber von Mitwelt statt Umwelt spricht. »Schließlich leben wir mittendrin. Umwelt klingt so, als ob uns das alles nur umgibt und nichts angeht.« Abfall zu reduzieren, nachhaltige und passgenauere Verpackungen im Versand zu verwenden sowie die direkte und indirekte CO₂-Belastung an den Standorten zu verringern, sind drei der internen Ziele des Online-Bergsportausrüsters, der auch über zwei Filialen verfügt.

Nach außen hin geht es vor allem darum, zu informieren und zu sensibilisieren: So klärt das Unternehmen über die Unterschiede der verschiedenen Nachhaltigkeitssiegel auf sowie über soziale, ökologische und tierwohlbezogene Produktions- und Produktaspekte. Corona war bei der Einführung von EMAS kein großes Hindernis. »Die Kommunikation wie auch die Betriebsbegehungen fanden online statt«, sagt der CSR-Manager. Das gilt auch für den Austausch mit anderen teilnehmenden Betrieben. Den findet der 54-Jährige besonders wichtig, nicht nur, weil jeder vom anderen lerne: »Wenn wir innerhalb der Lieferkette zusammenarbeiten, etwa mit Herstellern gemeinsam Plastik reduzieren, haben wir einen größeren Hebel, um positiv auf die Umwelt zu wirken.«

Möglich: Mehr Zusammenarbeit mit passenden Partnern

Erste positive Reaktionen auf seine EMAS-Zertifizierung hat Bergzeit bereits bekommen, von Kunden wie von Geschäftspartnern. Cecco-Stark hofft, dass auch andere Firmen, insbesondere weitere Handelsunternehmen langfristig nachziehen und betrieblichen Umweltschutz forcieren. Und wenn nicht? »Dann kann es schon sein, dass wir nach einer gewissen Schonfrist für uns entscheiden, nicht nachhaltig arbeitende Betriebe künftig weniger zu bewerben und verstärkt mit solchen zusammenzuarbeiten, die umweltgerecht produzieren und handeln.«

Mehr Infos auf der IHK-Website.

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