Standortpolitik

Wirkungsvoller Verjüngungsprozess

Wolf Heider-Sawall ©
Auffallend – Hermann Schrögenauer, Chef der LV 1871, vor einem Kampagnenmotiv zur betrieblichen Altersversorgung

Zum 150-jährigen Bestehen glänzt die Lebensversicherung von 1871 a. G. München mit hervorragenden Zahlen und jungem Markenauftritt. Hinter den Kulissen arbeitet das Unternehmen intensiv an der digitalen Transformation.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 01/21

Eine moderne Website mit junger Bildsprache, ein Verbrauchermagazin im Internet, das auch über Lifestyle-Themen berichtet, eine Sparlösung für Kinder, für die mit dem Slogan »Gemeinsam rocken für reichlich Flocken« geworben wird: Der Außenauftritt lässt nicht vermuten, dass die Lebensversicherung von 1871 a. G. München (LV 1871) vor 150 Jahren als »Christkatholischer Begräbnis-Verein« gegründet wurde.

»Seit drei Jahren intensiver Digitalisierungsprozess«

Und auch hinter den Kulissen tut sich einiges. »Seit gut drei Jahren befinden wir uns in einem intensiven Digitalisierungs- und Verjüngungsprozess«, sagt Vorstand Hermann Schrögenauer (50). »Wobei es uns allerdings auch in den letzten 150 Jahren immer wieder gelungen ist, den Wandel zu gestalten und auch aus Wirtschaftskrisen gestärkt hervorzugehen.«

Die LV 1871 konzentriert sich einerseits auf die Absicherung biometrischer Risiken in Form von Berufsunfähigkeits- (BU), Sterbegeld- und Risiko-Lebensversicherungen. Bei den BU-Versicherungen zählt sie zu den zehn größten Anbietern Deutschlands. Andererseits gehören Lösungen für die Altersvorsorge, also Rentenversicherungen inklusive betrieblicher Altersvorsorge, zum Portfolio. »Die beiden Bereiche halten sich in etwa die Waage«, sagt Schrögenauer. »Mit dieser ausgewogenen Aufteilung sind wir sehr zufrieden.«

»Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit«

Das gilt auch für die Solvenzquote des Unternehmens. Sie zeigt an, wie hoch der Anteil der Eigenmittel ist, die nötig sind, um den Verpflichtungen gegenüber den Versicherten und anderen Leistungsempfängern nachzukommen. Seit vielen Jahren liegt die Solvenzquote der LV 1871 über 400 Prozent und ist eine der höchsten der Branche, wie der Vorstand betont. Dies sei nicht zuletzt auf die Rechtsform des »Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit« zurückzuführen: Die LV 1871 gehört quasi den Versicherten, die zugleich Vereinsmitglieder sind. Daher gibt es keine Aktionäre oder Eigentümer im klassischen Sinne, die Ausschüttungen erwarten.

Langer Planungshorizont

»Wir können unsere Überschüsse entweder dafür einsetzen, unsere Preise zu senken, oder sie für die Zukunft zurücklegen«, sagt Schrögenauer. Zudem kann ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit nicht aufgekauft werden. Das garantiert unternehmerische Unabhängigkeit und erlaubt einen langen Planungshorizont. »Selbst wenn wir ab heute keinen einzigen neuen Vertrag mehr abschließen würden, würde die letzte Zahlung an einen Kunden um das Jahr 2115 herum erfolgen.«

»90 Prozent der Mitarbeiter ohne Performanceverlust im Homeoffice«

Tatsächlich fährt das Unternehmen jedoch einen straffen Wachstumskurs. 2019 war das Neugeschäft so hoch wie nie – und dieser Rekord wurde im vergangenen Jahr trotz Corona nochmals getoppt. Dazu leisten innovative Versicherungsprodukte, aber auch der mittlerweile hohe Digitalisierungsgrad einen entscheidenden Beitrag: »Über 90 Prozent unserer Mitarbeiter arbeiteten während des ersten Lockdowns ohne Performanceverlust im Homeoffice«, sagt Schrögenauer.

Bei Kundenansprache und -betreuung setzt LV 1871 seit einigen Jahren ebenfalls stark auf das Internet: So unterhält das Unternehmen mehrere Accounts bei Facebook und Instagram und einen Youtube-Kanal mit Videotutorials zu seinen Vorsorgelösungen. Es kooperiert mit Influencern und lässt 20 Mitarbeiter als Corporate Influencer auf Social-Media-Kanälen posten und bloggen.

Optimierte Landing-Pages als Touchpoints

Auf der Website finden sich Berechnungstools zu verschiedenen Versicherungen sowie ein Kundenportal zur Vertragsverwaltung in Eigenregie, aber auch allgemeine Vorsorge- und Verbrauchertipps. »Ein großer Teil der Meinungsbildung erfolgt mittlerweile im Internet«, so Schrögenauer. »Unsere Website und mehr als 150 Landing-Pages, über die Verbraucher bei entsprechenden Suchanfragen auf uns stoßen, sind wichtige Touchpoints.«

Kontakt- und Berührungspunkte für Kunden und Interessenten sind und bleiben aber auch die rund 10.000 freien Versicherungsmakler und Mehrfachagenturen, mit denen die LV 1871 zusammenarbeitet. Seit Jahrzehnten unterhält der Versicherer keine eigene Vertriebsorganisation mehr, sondern setzt ausschließlich auf unabhängige Vermittler. Diese Arbeitsteilung läuft offenbar bestens: Im vergangenen Jahr wurde die LV 1871 bereits zum dritten Mal in Folge bei der Vermittlerumfrage der Finanzzeitschrift »Procontra« zum Versicherer mit der besten Maklerbetreuung gekürt.

Erfolgskombi aus persönlich und digital

Schrögenauer führt dies auf die Kombination aus persönlicher Vor-Ort-Betreuung der Makler und intensiver digitaler Vertriebsunterstützung zurück. »Wir nehmen Makler mit auf die digitale Reise«, sagt er. Dazu gehören ein Onlineshop mit integriertem Downloadcenter für individualisierte Beratungsdokumente, aber auch vorbereitete Inhalte für die verschiedenen Kommunikationskanäle online sowie Workshops und Trainings, um das digitale Know-how der Makler zu stärken.

In Zukunft will das Unternehmen stärker auf Kooperationen setzen. »Als technisch gut aufgestellter Spezialversicherer werden wir noch intensiver mit anderen Versicherern, aber auch mit Multiplikatoren zusammenarbeiten«, sagt Schrögenauer. Darüber hinaus entwickelt LV 1871 maßgeschneiderte Employer-Benefit-Programme für eigentümergeführte Großunternehmen und firmenverbundene Vermittler.

Zukunftsthema: »Vermeidung von Altersarmut«

»Die Vermeidung von Altersarmut ist eines unserer großen Zukunftsthemen«, betont Schrögenauer. »Es ist uns ein extrem wichtiges Anliegen, die Bürger gemeinsam mit anderen Organisationen darüber aufzuklären und ihnen moderne, professionelle Altersvorsorgeprodukte zu bieten.«

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