Zentrum für innovative Lösungen
Die Initiative von UnternehmerTUM und der Landeshauptstadt München will Wissenschaftler, Kreative, Start-ups, Mittelständler und Großunternehmen unter einem Dach zusammenbringen.
Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 10/2021
Ein architektonisch attraktives Gebäude, in dem viele Gleichgesinnte arbeiten und das ausreichend Möglichkeiten zur Vernetzung, für Diskussionen, zum Ausprobieren und vielleicht sogar für gemeinsame Projekte bietet: Beim Aufzählen der Vorteile des neuen Unternehmensdomizils der Hörmann Digital GmbH kommt Geschäftsführer Alexander Hauswald (46) fast schon ins Schwärmen. Im April dieses Jahres bezog das achtköpfige Team des Software-Unternehmens seine Büros im Munich Urban Colab, das weitaus mehr ist als ein Innovations- und Gründungszentrum.
Das Gemeinschaftsprojekt der UnternehmerTUM GmbH, Europas größtem Gründungszentrum, und der Landeshauptstadt München wurde als zentraler Ort für Smart-City-Lösungen konzipiert. In knapp zweijähriger Bauzeit entstand das zentral gelegene Gebäude im Kreativquartier an der Dachauer Straße, in dem Unternehmen, Wissenschaft, Talente, Kreative und Kunstschaffende gemeinsam mit der Stadtverwaltung sowie Bürgern an nachhaltigen Technologien und Projekten für die Stadt der Zukunft arbeiten. »Start-ups und etablierte Unternehmen können über die Programme von UnternehmerTUM im Colab andocken oder aber Arbeitsplätze mieten«, sagt Claudia Frey, Geschäftsführerin der Munich Urban Colab GmbH und Chief Financial Officer von UnternehmerTUM.
Voll belegt
Dieser Ansatz kommt offenbar gut an: Trotz Corona war das Munich Urban Colab schon vor der offiziellen Eröffnung im Juni 2021 voll belegt. »Wir konnten auswählen, welche Start-ups und Unternehmen gut in den Smart-City-Kontext passen«, sagt Frey. »Und zwar nicht nur bezüglich ihrer Arbeitsgebiete, sondern auch im Hinblick auf ihre Offenheit für Austausch und Kollaboration.«
Die Hörmann Digital GmbH hatte zunächst lediglich nach einem neuen, größeren Büro in München gesucht. In Gesprächen mit UnternehmerTUM erfuhr Firmenchef Hauswald vom Munich Urban Colab – und fand das Konzept sehr spannend. »Als Tochterunternehmen der Hörmann Gruppe, eines mittelständischen familiengeführten Firmenverbunds mit Hauptsitz in Kirchseeon bei München, bündeln wir innerhalb der Gruppe die Kompetenzen rund um Digitalisierung – von künstlicher Intelligenz und Machine Learning bis hin zu IoT, dem Internet of Things«, erklärt Hauswald und betont, dass viele Themen auch für Smart Cities relevant seien.
Projekte durch gemeinsame Präsenz
Der Geschäftsführer der Hörmann Digital GmbH kann sich durchaus vorstellen, dass insbesondere die Präsenz der Stadtverwaltung sowie der Stadtwerke München und der Münchner Verkehrsgesellschaft im Munich Urban Colab in interessante Projekte münden könnte. Außerdem bildet der unkomplizierte Kontakt zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups, die hier an neuen Geschäftsmodellen tüfteln, für ihn einen entscheidenden Mehrwert. »Darüber hinaus sind noch viele weitere spannende Unternehmen und Organisationen vertreten, die für einen intensiven Austausch oder eine Zusammenarbeit infrage kommen.«
Austausch zwischen den Unternehmensgrößen
Zu den ersten Partnerunternehmen des Munich Urban Colab, die mit Entwicklungsabteilungen oder Innovationsteams vor Ort präsent sind, zählen BMW, Infineon, SAP und Siemens. »Doch auch für kleinere und mittelständische Unternehmen sowie Start-ups sind die Angebote interessant«, betont Claudia Schlebach, die bei der IHK für München und Oberbayern die Abteilung Unternehmensförderung, Gründung, Gewerberecht leitet. »Denn Innovationen entstehen ja nicht nur in Großunternehmen.« Daher habe die IHK das Projekt bis zur Umsetzung mit begleitet.
Schlebach weist darauf hin, dass viele Events, Vorträge und zahlreiche weitere Möglichkeiten zu Vernetzung und Zusammenarbeit allen interessierten Unternehmern offenstehen. Schließlich sind das erste und zweite Stockwerk im Munich Urban Colab frei zugänglich. Dort finden sich unter anderem ein Café und Veranstaltungsräume, die auch von Externen gemietet werden können.
Integrierte Hightech-Werkstatt für Prototypen
»Und natürlich können auch Mittelständler und Start-ups Mitarbeiter vor Ort platzieren, um dort an neuen Entwicklungen zu tüfteln und vielleicht auch gleich im MakerSpace, der integrierten Hightech-Werkstatt, Prototypen zu bauen«, sagt Schlebach. Diese Möglichkeit klingt für Fabian Reuter (37) sehr verlockend. »Der MakerSpace ist wirklich hervorragend ausgestattet und lässt keine Wünsche offen«, sagt der Geschäftsführer der Fazua GmbH aus Ottobrunn bei München. Das 2014 gegründete Start-up entwickelt und produziert ein optisch dezentes Antriebssystem für Mountainbikes, Rennräder und sportliche Stadtfahrräder. Mittlerweile beschäftigt Fazua über hundert Mitarbeiter. »Im Hinblick auf kommende neue Antriebssysteme erweitern wir unsere Produktionskapazitäten gerade deutlich«, so Reuter.
Für erste Ideen »quasi ein neutraler Ort«
Parallel dazu wird ein weiteres Antriebssystem entwickelt. »Dabei ist es zumindest in den ersten Phasen sehr sinnvoll, wenn möglichst wenige Mitarbeiter mitreden und die Sicht von Markt und Kunden die kreativen Prozesse nicht zu stark beeinflussen«, sagt Reuter.
Das Entwicklungsteam im Munich Urban Colab arbeiten zu lassen und dort auch gleich Prototypen herstellen und testen zu können, ist für ihn daher eine ideale Lösung. Und zwar nicht nur wegen der – so Reuter – »coolen Arbeitsplätze«, sondern auch im Hinblick auf übergeordnete Themen: »Das Munich Urban Colab ist quasi ein neutraler Ort, an dem wir uns auch mit Marktbegleitern zusammensetzen und über übergreifende Themen wie etwa Infrastruktur für E-Bikes inklusive einheitlicher Ladestandards sprechen können.«
Stichwort Munich Urban Colab
- Innovations- und Gründungszentrum mit dem Fokus auf Smart-City-Lösungen
- Projektpartner sind Landeshauptstadt München und UnternehmerTUM im Kreativquartier an der Dachauer Straße in München, Freddie-Mercury-Straße 5
- 11.000 Quadratmeter Nutzfläche auf einer Grundstücksfläche von 3.600 Quadratmetern
- Angeboten werden Büroräume, Co-Working-Spaces, Veranstaltungs- und Seminarräume, Hightech-Prototypenwerkstatt »MakerSpace«, »Testfelder« für Versuche mit E-Fahrzeugen, Café, Wintergarten und weitere Orte der Begegnung, Sport- und Fitnessraum
- ca. 30 Millionen Euro Baukosten
- www.munich-urban-colab.de