Klimaschutz | Betrieb + Praxis
Vielseitig und schnell
Holzbauweise eignet sich auch für Gewerbegebäude. Beispiele aus der Praxis zeigen Möglichkeiten und Vorteile – von Baugeschwindigkeit bis Kosten.
Von Josef Stelzer, IHK-Magazin 05-06/2024
Johannes Demmelhuber ist vom Baumaterial Holz rundum überzeugt. „Die Holzbauweise hat sich für unser Werkstätten- und Fertigungszentrum sehr gut bewährt“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Baierl & Demmelhuber Innenausbau GmbH in Töging. Das 2014 erstellte zweigeschossige Gebäude bietet Platz für 150 Mitarbeiter und ist fast komplett aus Holz gebaut, nur Fundament und Bodenplatte sind aus Beton. Holzelemente wie Decken oder Wände wurden vorgefertigt und auf der Baustelle fertig montiert.
„Im Vergleich zur Massivbauweise mit Stahlbeton und Stahl entstanden für uns keinerlei Mehrkosten“, betont Demmelhuber. „Außerdem erzeugt Holz einfach ein sehr angenehmes Raumklima.“ Die gesetzlichen Brandschutzauflagen sind erfüllt, die Heizkosten liegen auf dem Niveau von vergleichbaren Gebäuden in Massivbauweise. „Wir würden das Werkstätten- und Fertigungszentrum exakt wieder genauso herstellen, ohne irgendeine Änderung“, sagt der Unternehmer.
Gewerbebauten aus Holz im Kommen
Auch für eine mögliche Standorterweiterung setzt er auf Holz: „Wenn eine Produktionserweiterung am Standort Töging erforderlich wird, planen wir 2 weitere Fertigungs- und Bürogebäude in Holzbauweise.“
Auch viele andere Unternehmen sind von dem Baustoff angetan. „Holz- und Holzhybrid-Bauten, die mit Stahl oder Stahlbeton erstellt werden, sind nicht nur im Wohnungsbau, sondern auch für Industrie, Gewerbe sowie bei öffentlichen Auftraggebern immer mehr im Kommen“, sagt Andreas Kurz, Geschäftsführer der holzbauGU GmbH in München. Das Bauunternehmen sorgt für die Projektabwicklung, vom ersten Entwurf bis zur Schlüsselübergabe.
Bis zu 90 Prozent weniger CO2 …
Zu den bislang fertiggestellten Holzbauten gehören unter anderem Mischgebäude mit Einzelhandelsflächen oder Mehrfamilien- und Schulhäuser. „Wir sind gut ausgelastet, trotz der allgemeinen Flaute im Baugewerbe“, freut sich der Bauingenieur und betont den Nachhaltigkeitsaspekt: „Mit einem Holzbau entsteht unterm Strich um 80 bis 90 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) als bei einer vergleichbaren Konstruktion, die in der Hauptsache mit Stahlbeton und Mauerwerk errichtet worden ist.
… durch weniger Beton und Stahl
Holz gilt beim Bau als besonders nachhaltig, weil Bäume während der Wachstumsphase der Atmosphäre das klimaschädliche Kohlendioxid entziehen und binden. Darüber hinaus ersetzt es meist andere, energieintensivere Baustoffe und reduziert so die CO2-Emissionen.
In Neuötting ist Ende 2023 eine mehr als 10.000 Quadratmeter große Logistikhalle vollständig in Holzbauweise entstanden. Dank des nachhaltigen Baumaterials und durch die damit verbundene Einsparung von Beton und Stahl ließen sich gegenüber herkömmlichen Konstruktionen rund 1.400 Tonnen Kohlendioxid einsparen.
Leicht veränderbar
Die Einsatzmöglichkeiten von Holz im Bau sind vielfältig. So bewährt sich der Naturstoff sogar für Parkhäuser. In Bad Aibling besteht ein 70 Meter langes und 17 Meter breites, 2-geschossiges Parkhaus vorwiegend aus Holz. Bis zu 104 Autos finden dort Platz.
Der Automobilhersteller BMW erstellt in München ein Zentrum für Aus- und Weiterbildung, das in wesentlichen Teilen aus dem natürlichen Baustoff besteht und dabei einen weiteren Vorteil der Holzelemente nutzt: Die Raumaufteilung lässt sich mit geringem Aufwand jederzeit an den aktuellen Bedarf anpassen. Dies erleichtert die langfristige Nutzung bei veränderten Anforderungen. In Betrieb gehen soll der „Talent Campus“ im Sommer 2025.
Bauzeit bis zu 30 Prozent kürzer
Ein weiterer Pluspunkt der Holzbauten, für die in der Regel Fichtenholz zum Einsatz kommt, ist das hohe Bautempo. „Erfahrungsgemäß geht es gegenüber der herkömmlichen Bauweise um durchschnittlich 20 bis 30 Prozent schneller“, weiß holzbauGU-Geschäftsführer Kurz. „Außerdem sind wir auf den Baustellen dank des hohen Vorfertigungsgrads längst nicht so stark witterungsabhängig.“ Die industriell vorgefertigten Decken, Wände und Fassadenelemente samt Dämmung werden per Lkw angeliefert und auf den Baustellen verschraubt.
Kein Widerspruch: Holz und Brandschutz
Der Bauingenieur korrigiert ein weit verbreitetes Vorurteil: „In puncto Brandschutz ist Holz keineswegs problematischer als andere Baumaterialien, zumal es nicht brennt, sondern lediglich an der Oberfläche verkohlt.“
Auch Wärmedämmung und Schallschutz lassen sich im Grunde genauso gut realisieren wie mit Mauerwerk. „Allerdings werden die Decken pro Etage um etwa 5 bis 7 Zentimeter dicker, wenn der Schallschutz genauso gut sein soll wie bei herkömmlicher Bauweise“, fügt Kurz hinzu.
Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft
Der Trend zum Baumaterial Holz ist unübersehbar. Ende 2024 soll das Bürogebäude i8 der R&S Immobilienmanagement GmbH im Münchner Werksviertel bezugsfertig sein. Holz ist Kernbestandteil der Tragwerkskonstruktion und Element der Innenraumgestaltung. Insgesamt wurden etwa 1.500 Kubikmeter Baubuche in dem 20.000 Quadratmeter großen i8 verbaut – aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern in Deutschland.
Richtfest für TRI-Projekt
Bauunternehmen setzen auf das Naturmaterial. Auf einer Gesamtmietfläche von 15.900 Quadratmetern, soll zum Beispiel in München ein Holz-Hybrid-Bürogebäude für bis zu 1.100 Arbeitsplätze entstehen. Richtfest des TRI-Projekts, bei dem die Münchner LaSalle Investment Management Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH und die Accumulata Real Estate Development GmbH Bauherren sind, war im März 2024. Bezugsfertig wird es voraussichtlich im ersten Quartal 2025 sein.
Start für Timber Factory noch 2024
Ebenfalls in München plant der österreichische Projektentwickler UBM Development AG gemeinsam mit dem Wiener Immobilienunternehmen ARE Austrian Real Estate die Holz-Hybridprojekte „Timber Factory“ (siehe Artikel „Klimafreundlich werden“) und „Timber Works“. Für „Timber Factory“ sind 4 Gebäude mit 4 bis 12 Stockwerken vorgesehen. Allein die Tragkonstruktion enthält rund 8.000 Kubikmeter Holz, das 8.000 Tonnen Kohlendioxid langfristig bindet. Der Bau soll noch in diesem Jahr beginnen.
Auch Bestandsbauten profitieren von Holz
Doch nicht nur in Neubauten kann der nachhaltige Naturstoff zum Einsatz kommen. „Für Aufstockungen ist die Holzbauweise oft vorzüglich geeignet, zumal auf aufwendige Fundamentertüchtigungen durch die deutlich geringeren Lasten der Holzaufstockungen verzichtet werden kann“, sagt Bauexperte Kurz. Der wesentliche Vorteil liege in der Baugeschwindigkeit. „Die Erstellung der regendichten neuen Etage ist in der Regel innerhalb einer Woche durchführbar, egal, ob das Bestandsgebäude aus Ziegel oder aus Beton besteht.“