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Mehr Show, mehr Besucher

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Hohe Anziehungskraft – die bayerische Landeshauptstadt

2024 war ein Rekordjahr für den Tourismus in München. Woran das liegt und wie sich die Attraktivität der Stadt für Reisende weiter ausbauen lässt.

Von Sabine Hölper, IHK-Magazin 07-08/2025

Janis Gromovs arbeitet erst seit einigen Monaten als Head of Sales & Marketing im Hotel Platzl in der Nähe des Münchner Marienplatzes. Dennoch weiß er natürlich, dass das vergangene Jahr herausragend war. Die Auslastung des Hauses mit 116 Zimmern und 15 Suiten betrug 90 Prozent.

„Das war nochmals mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019 mit 85 Prozent“, sagt Gromovs. „Und selbst diese Quote ist für ein privat geführtes Stadthotel sehr gut.“ Der Anstieg zeige, „dass wir nicht nur zur Erholung des Tourismus beitragen, sondern auch aktiv von der Attraktivität Münchens profitieren“.

Rekordjahr 2024: 19,7 Millionen Übernachtungen

Die Stadt ist sogar so attraktiv, dass sie einen Rekord verbuchen kann. „Das touristische Jahr 2024 war das erfolgreichste in München seit Beginn der Aufzeichnungen 1912 und hat damit auch das Top-Jahr 2023 übertroffen“, sagt Benedikt Brandmeier, Leiter Tourismus, Veranstaltungen und Hospitality bei der Stadt München. 19,7 Millionen Übernachtungen registrierten die gewerblichen Beherbergungsbetriebe mit 10 und mehr Betten. Das waren 5,8 Prozent mehr als im Vorjahr.

Damit werde noch einmal deutlich, dass der Tourismus „ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Stadt ist“, sagt Brandmeier. Das Gewicht der Branche zeigen auch die folgenden Zahlen: Die Betriebe der Münchner Tourismusbranche machen pro Jahr rund 8 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigen 150.000 Personen.

Push durch ausländische Gäste

Die meisten Besucher kommen aus dem Inland, rund 45 Prozent reisen aus dem Ausland an (siehe unten). Dabei wächst die Zahl der internationalen Gäste kontinuierlich. Im vergangenen Jahr betrug das Plus gegenüber dem Vorjahr 9 Prozent. Zum Vergleich: Bei den inländischen Gästen waren es 3,3 Prozent.

Dass die Branche boomt, liegt zum einen an der Attraktivität der Stadt selbst. Die Frauenkirche, das neugotische Rathaus, Schloss Nymphenburg, die Residenz, die Pinakotheken, die bayerische Wirtshauskultur – all das und vieles mehr sind Tourismusmagneten.

Zimmerauslastung nur bei 70 Prozent

Und doch reichen Sehenswürdigkeiten allein nicht aus, um dauerhaft Zuwächse zu generieren und die Hotels auszulasten. Denn auch das ist im Rekordjahr Realität: In den insgesamt 469 Hotelleriebetrieben mit 98.000 Betten betrug Ende 2024 die durchschnittliche Zimmerauslastung 70 Prozent. 2019 waren es bei 465 Betrieben und 97.000 Betten noch 75 Prozent.

Für eine anhaltende Hochsaison braucht es mehr. „Dass 2024 ein Rekordjahr war, lag an den vielen Veranstaltungen, etwa der Fußball-Europameisterschaft mit 6 Spielen in München, vor allem aber den Konzerten von Stars wie AC/DC oder Taylor Swift“, sagt Michael Höflich, Geschäftsführer der Tourismus Initiative München (TIM) e.V. „Allein die Auftritte von Adele haben der Stadt 750.000 Besucher gebracht, die zwischen 2 und 4 Nächte geblieben sind.“

Top-Künstler, internationales Rampenlicht

Laut der Jahresbilanz der Landeshauptstadt ist der „Konzertsommer-Monat August sowohl der erfolgreichste August als auch der Monat mit den meisten Übernachtungen seit Beginn der Datenerfassung“ gewesen. Die Beherbergungsbetriebe zählten 2,1 Millionen Übernachtungen. Das war ein Plus von 18,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Dabei wirken die Top-Veranstaltungen über das eigentliche Event hinaus. „Insbesondere die Auftritte von Adele, Taylor Swift und Coldplay haben München international ins Rampenlicht gesetzt und für enorme Resonanz in den Medien und sozialen Netzwerken gesorgt“, sagt Stadtvertreter Brandmeier. „Dadurch ist München auch für andere Künstler als attraktiver Veranstaltungsort sichtbar geworden.“

Attraktiver Mix aus Musik, Sport, Messen

Sein Fazit: „Ohne die Großveranstaltungen wäre die Stadt weniger anziehend. Die Zahl der Gäste und die Einnahmen für die touristischen Betriebe wären niedriger und auch die Vielfalt in Gastronomie und Freizeitangeboten würde darunter leiden.“

Insofern überrascht es kaum, dass die Landeshauptstadt fürs aktuelle Jahr wieder auf Erfolge setzt. Zum einen ist der Auftakt mit 2,4 Millionen Übernachtungen in den ersten beiden Monaten gelungen. Zum anderen gibt es wieder Konzerte von Superstars im Kalender, etwa von Robbie Williams oder Guns N’Roses, ferner Top-Sportveranstaltungen wie das UEFA Champions League Finale oder das BMW – ATP 500 Tennisturnier. Hinzu kommen hochkarätige Messen wie die bauma, Intersolar Europe oder IAA Mobility.

Auch im Trend: „Bleisure“

Geschäftsreisende sind eine wichtige und besonders lukrative Zielgruppe. Sie geben laut einer Erhebung des Zahlungsdienstleisters Mastercard mit 556 Euro pro Tag fast doppelt so viel aus wie Urlauber. Umso vielversprechender ist der Trend zu Bleisure-Reisen: Die beruflich motivierten Reisenden hängen noch 1 oder 2 Tage am Aufenthaltsort dran (siehe auch Artikel: „Erst die Arbeit, dann ab in den See“).

Marketingleiter Gromovs weiß, wie wichtig Messen und Kongresse für den Tourismusstandort sind: „Gemeinsam mit München Tourismus und der Munich Hotel Alliance beteiligen wir uns an Ausschreibungen für Messen.“ Er betont aber, dass eine Stadt nur dann gern besucht werde, wenn es an der Basis stimmt: Die Gäste wollten gut nächtigen und essen. Selbstverständlich gebe es auch Low-Budget-Touristen, die im Hostel und mit der Frittenbude zufrieden sind. Die Mehrheit aber suche Komfort und Genuss.

Touristen wollen Authentizität

Aus diesem Grund ist das Hotelunternehmen seit geraumer Zeit dabei, das Stammhaus umfassend zu modernisieren. Um den Gästen noch mehr Variationen zu bieten, eröffnete 2018 zudem ein Ableger, das „Marias Platzl“ in der Au. Es ist gedacht für Gäste, „die es etwas ruhiger haben möchten und dennoch in gut einer Viertelstunde am Marienplatz sind“, sagt Gromovs. Dazu bietet die Gruppe unterschiedliche Gastronomie: das Wirtshaus „Ayinger am Platzl“, das Fine-Dining-Restaurant „Pfistermühle“ sowie die Bar „Josefa“. Auf der anderen Seite der Isar betreibt sie mit dem „Ayinger in der Au“ ein Wirtshaus.

„Ein gutes gastronomisches Angebot ist immens wichtig“, sagt Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des DEHOGA Bayern e.V., und betont: „Wirtshäuser sind die wirtschaftliche Grundlage für die Leitökonomie Tourismus.“ In der Branche verzeichnet man den Trend zum „Resonanztourismus“. Das bedeutet, dass die Gäste authentische Erlebnisse haben wollen. Dazu gehört in Bayern die bayerische Wirtshauskultur. München ist hier, anders als mancher Ort auf dem Land, gut aufgestellt.

Einzelhandel besser einbinden

Punkten kann die Stadt außerdem mit ihrem Einzelhandel. Über die Stadt hinaus bekannt ist zum Beispiel die F.S. Kustermann GmbH mit ihrem umfangreichen Angebot für Tischkultur, Haus und Garten. Das Unternehmen ist – wie zahlreiche Einzelhändler in München – von der touristischen Kundschaft abhängig und daher mit der Entwicklung zufrieden. „Bezogen auf die Übernachtungsgäste, war 2024 ein sehr gutes Jahr“, sagt Geschäftsführer Caspar-Friedrich Brauckmann.

Verbesserungsmöglichkeiten hat er dennoch ausgemacht. „Wir sehen grundsätzlich noch ein deutliches Potenzial bei den Tagestouristen“, sagt der Unternehmer. Unterm Strich 5-mal so viele Tagestouristen wie Übernachtungsgäste besuchen München. Sie würden, so Brauckmann, vonseiten der Stadt noch nicht ausreichend in den Fokus genommen. Außerdem werde der Münchner Einzelhandel noch nicht perfekt vermarktet.

„Traditionelle Familienunternehmen weltweit einzigartig“

„München hat mehr zu bieten als Bayern München und das Oktoberfest“, sagt er. „Gerade die Vielzahl und die Konzentration traditioneller Familienunternehmen in der Münchner Innenstadt sind weltweit einzigartig.“

Messe-Events mehr mit der Innenstadt verbinden

Gemeinsam mit der Tourismus Initiative TIM, der Stadt München und weiteren Unternehmen hat Brauckmann einen Runden Tisch initiiert. Er soll Ideen entwickeln, wie sich neben dem Tagestourismus auch die Zahl der Übernachtungsgäste erhöhen lässt, um letztendlich auch den Umsatz der Münchner Betriebe zu steigern. Brauckmanns Vorstellung: mehr Show, mehr öffentliche Events. „Wir sollten zum Beispiel zu Messen wie der bauma die Innenstadt stärker einbinden und aktivieren. Die IAA Mobility war da ein sehr gutes Beispiel.“

IHK-Forderung: weniger Bürokratie

Ideen hat auch die IHK für München und Oberbayern entwickelt. Ende 2024 hat sie in einem Positionspapier zusammengefasst, wie der Tourismusstandort zukunftsfähig gemacht werden sollte. Die wichtigsten Themen sind laut der IHK-Referentin Tourismus Juliane Berauer „Bürokratieabbau, Innenstadtbelebung und Arbeitskräftesicherung, zum Beispiel durch die Flexibilisierung von Arbeitszeiten“.

Eigene Akademie für Mitarbeiter

Die Personalfrage ist auch nach Gromovs Ansicht eines der drängendsten Themen in den Hotels und Restaurants. Die Antwort seines Unternehmens darauf? Eine eigens gegründete Akademie, um Mitarbeiter zu qualifizieren.

IHK-Info: Standortfaktor Tourismus – die IHK-Position

Die „Stellungnahme IHK EU-Nachhaltigkeitskriterien Hotellerie (IHK 2025)“ sowie das „Positionspapier Standortfaktor Tourismus (IHK 2024)“ sind online verfügbar: www.ihk-muenchen.de/positionen

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