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Was ist schon da? Firmen müssen für den Nachhaltigkeitsbericht nicht alle Daten neu erheben

Die Materie ist komplex, der Termindruck hoch – wie können Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsberichte gesetzeskonform und rechtzeitig erstellen?

Von Gabriele Lüke, IHK-Magazin 07-08/2024

Umfangreich, aufwendig, zeitlich eng – diese Bedenken hört Henrike Purtik, CSR-Fachfrau der IHK für München und Oberbayern, immer wieder. Sie kommen von Unternehmen, die nach der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten berichten müssen.

Die bayerischen IHKs (BIHK) haben gemeinsam mit dem Infozentrum UmweltWirtschaft (IZU) des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) auf die Sorgen der Unternehmen reagiert und den Leitfaden „10 Schritte zur CSRD“ (auf Website rechts) herausgegeben  „Der neue Leitfaden bietet einen niederschwelligen Einstieg in die CSRD“, sagt IHK-Expertin Purtik. „Er unterstützt Unternehmen dabei, sich einzuarbeiten, Strukturen aufzubauen, Daten zu sammeln, die Berichtspflicht umzusetzen – und nicht nur als Belastung, sondern auch als Chance zu begreifen.“

Betroffenheit prüfen

Ein wichtiger Faktor in der Praxis: „Die CSRD muss Chefsache sein“, betont LfU-Expertin Antje Krist, die den Leitfaden mitentwickelt hat. Die Firmenleitung sollte zunächst prüfen, ob und ab wann das Unternehmen berichten muss (siehe Kasten unten). „Hier kann der Wirtschaftsprüfer helfen. Er muss den Nachhaltigkeitsbericht ohnehin vor der Veröffentlichung prüfen“, so Krist.

Ist das Unternehmen von der Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen, muss die Geschäftsleitung Verantwortliche benennen und Kapazitäten sowie Budgets freigeben. „Dabei sollte die CSRD-Umsetzung nicht nur einer Person, etwa dem Umweltbeauftragten, überantwortet werden. Da Daten aus vielen Abteilungen erforderlich sind, braucht es ein abteilungsübergreifendes Team“, empfiehlt die LfU-Expertin.

Team bilden, Überblick verschaffen

Dieses Team sollte sich dann anhand der European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die die CSRD konkretisieren, einen Überblick über alle Aufgabenfelder und Pflichten verschaffen. Drei Punkte sind nach Krists Ansicht eine besondere Herausforderung, weil sie für viele Firmen neu sind:

CSRD bringt 3 erhebliche Herausforderungen
  • Wesentlichkeitsanalyse: Die CSRD verankert die sogenannte doppelte Wesentlichkeit. Wie wirkt das Unternehmen auf Umwelt und Gesellschaft? Und welche Risiken und Chancen bergen umgekehrt Umwelt und Gesellschaft für das Unternehmen? Berichtet werden muss nur über Nachhaltigkeitsfelder, die in mindestens einer der beiden Perspektiven wirklich wesentlich sind. Alle anderen können ausgelassen werden. Prüfende könnten aber eine Begründung der Ausschlüsse einfordern. „Die Wesentlichkeitsanalyse ist der Dreh- und Angelpunkt. Hier den Wirtschaftsprüfer oder auch schon Interessenträger einzubinden, kann helfen“, rät LfU-Expertin Krist.
     
  • Stakeholderdialog: Welche Unternehmensrisiken sehen die Stakeholder, also jene Personen oder Organisationen, die von den Firmenaktivitäten betroffen sind oder beeinflusst werden? Die CSRD verlangt, dies abzufragen und anzugehen. Krist schlägt vor, zunächst die wichtigsten Stakeholder zu bestimmen – von den Beschäftigten und Partnern über Behörden und Medien bis zu Nichtregierungsorganisationen. Dialogformate können Fragebögen, direkte Gespräche oder Diskussionsrunden sein.
     
  • Wertschöpfungskette: Hier fordert die CSRD, sowohl die vorgelagerte als auch die nachgelagerte Wertschöpfungskette zu prüfen. Das Unternehmen muss also nicht nur recherchieren, unter welchen Bedingungen das Produkt hergestellt oder die Dienstleistung erbracht wird, sondern auch: Wie geht es weiter? Wie wird transportiert, verpackt, weiterverwendet? Hierzu müssen ebenfalls Dialog- und Prüfstrukturen geschaffen werden.
Bestehende Daten nutzen

Anschließend gilt es, die Datenerhebung – gegebenenfalls mithilfe digitaler Tools – abteilungsübergreifend durchzuführen. Vorab sollten Firmen prüfen, ob aus bestehenden Managementsystemen wie Ökoprofit, EMAS oder ISO bereits Daten vorliegen. Danach sind alle Daten zusammenzuführen, in die verlangte Berichtsform zu bringen, der Bericht dem Wirtschaftsprüfer vorzulegen, ihn in den Lagebericht zu integrieren und zu veröffentlichen. „Nicht zuletzt verlangt die CSRD, das Geschäftsmodell an sich sowie Nachhaltigkeitsstrategie, -ziele und -maßnahmen zu beschreiben“, so Krist. Eine Aufgabe, die den Firmen nach all den Vorbereitungen leichter fallen sollte. „So soll und kann die Nachhaltigkeit Teil der Unternehmens-DNA werden.“

Auch der Bund unterstützt

Das Bundeswirtschaftsministerium will berichtspflichtige Unternehmen bei diesem Vorhaben unterstützen. Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex, der bereits einen Standard für Nachhaltigkeitsberichte zur Verfügung stellt, soll im Hinblick auf die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) weiterentwickelt werden. Dafür stehen in den nächsten drei Jahren fast 20 Millionen Euro zur Verfügung. So sollen die neuen Berichtsstandards von Anfang an leicht zu handhaben sein, die Berichte selbst niederschwellig und gesetzeskonform erstellt werden können. Ergänzend dazu gibt es Schulungen und Leitfäden sowie eine Webplattform.

Wie Unternehmen konkret mit den Anforderungen umgehen, zeigen die Praxisbeispiele Bergzeit GmbH und Bavaria Film Gruppe .     

CSRD: WER MUSS WANN BERICHTEN?

Berichtspflichtig sind grundsätzlich alle Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden drei Merkmale erfüllen:

  • mindestens 25 Millionen Euro Bilanzsumme
  • mindestens 50 Millionen Euro Nettoumsatzerlöse
  • mindestens 250 Beschäftigte (im Durchschnitt des Geschäftsjahrs)

Außerdem müssen alle an der Börse gelisteten kleinen und mittleren Unternehmen berichten. Ausgenommen sind lediglich börsennotierte Kleinstunternehmen.

Zeitlich gestaffelter Start

Die Berichtspflicht tritt gestaffelt in Kraft. 2025 müssen für 2024 alle Unternehmen berichten, die bereits der Vorgängerregelung, der Non-financial Reporting Directive (NFRD), unterliegen. Das sind alle Firmen, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen und kapitalmarktorientiert sind, zudem Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften. Ihr Umsatz muss über 40 Millionen Euro liegen oder ihre Bilanzsumme mehr als 20 Millionen Euro betragen.

2026 berichten für 2025 zusätzlich alle weiteren berichtspflichtigen großen Firmen, die bisher nicht nach NFRD in der Pflicht waren. 2027 berichten für 2026 dann auch die börsennotierten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), kleine und nicht komplexe Kreditinstitute sowie firmeneigene (Rück-)Versicherungsunternehmen.

IHK-Info zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die IHK informiert im Web und auch in Workshops zur CSRD.

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